Die Grafschaft Glatz (Schlesien)
Reisebericht von Heimatfreund Helmut Höcker einer Wanderreise in die Grafschaft Glatz vom 25.05. bis 01.06.1999:
mit 9 schwarz-weiss-Bildern (insgesamt 524 kB)
Und ewig ruft uns die Heimat!
Unter diesem stets wahren Motto versammelte Helmut Krisch 45 Grafschafterinnen und Grafschafter zu einer Heimreise nach Bad Landeck vom 25.05. bis 01.06.1999.
Das neuerbaute Sanatorium "Nad Potokiem = Über dem Bach", nördlich von Bad Landeck, war uns für diese Woche eine sehr willkommene Unterkunft (s. Foto). Hier konnten sowohl ärztliche Behandlungen, medizinische Bäder und Massagen sowie andere gesundheitsbezogene Maßnahmen erhalten werden.
Bild 1: Sanatorium "Nad Potokiem"
Gemeinsame Busausflüge und Wanderungen, die stets abends zuvor besprochen und abgestimmt wurden, führten uns u. a. zu den Bädern Altheide, Reinerz und Kudowa , zu den Wilden Löchern der Heuscheuer, in die obere Grafschaft, die Sudetenstraße entlang.
Der Landecker Wanderfreund Martin Kopetzki machte uns am ersten Tag mit dem herrlichen Landecker Stadtforst bekannt. Über die Burgruine Karpenstein führte uns der Weg zur restaurierten Karpensteiner Marienkapelle.
Bild 2: Karpensteiner Marienkapelle
Der Weg zurück über den "Dreiecker", einem mächtigen herausragenden Felsengebilde, bescherte uns einen wunderschönen Aus - und Fernblick ins Bielengebirge und zum Großen Schneeberg.
Eine der nächsten Wanderungen führte von unserer Unterkunft nach Nordosten über die tschechische Grenze nach Krautenwalde - Heidelkoppe (900 m) - Hoher Stein - Heidelberg und zurück zum Ausgangsort. Vom am Südhang des Reichensteiner Gebirges gelegenen Sommerfrischlerortes Heidelberg künden nur noch Steinhaufen und Fliedersträuche, eine verfallene Kapelle und ein scheinbar bewohntes Haus.
Bild 3: Heidelberg (700 m) 4 km nordostwärts Bad Landeck, I
Nicht, daß Heidelberg etwa eine Ausnahme wäre? nein nein! Viele, zu viele Dörfer in den Bergbereichen der oberen Grafschaft sind nicht mehr vorhanden oder bestenfalls luken Mauerreste aus Unkraut und Gestrüpp und deuten auf Jahrhunderte deutsche Vergangenheit
Bild 4: Heidelberg (700 m) 4 km nordostwärts Bad Landeck, II
Zwei weitere große Wanderungen ins Glatzer Schneegebirge werden von H. Höcker angeregt und am 27. und 30.Mai mit guter Beteiligung und einem ebensolchen Verlauf durchgeführt.
Am 27.05., nach gut 3,5 Stunden, erreichten wir von Wölfelsgrund, vorbei an der Schweizerei, der Marchquelle, den Gipfel unseres höchsten Grafschafter Berges, den Großen Schneeberg (1.425 m), bei idealen Wetterverhältnissen.
Bild 5: Schweizerei am Großen Schneeberg des Glatzer Schneegebirges am 27.05.1999
Der gewohnt phantastische Rundblick von den gesprengten Trümmern des Kaiser-Wilhelm-Turmes, "onnserm Schneebarchtorme", führte uns im Westen ins große breite Neißetal mit dem Adler - und Habelschwerdter Gebirge im Hintergrund, weiter nördlich ins Heuscheuergebirge, nach Osten ins Reichensteiner- und Bielengebirge. Ostwärts unseres Standortes erstreckt sich in ca. 30 km Luftlinie unser etwas höherer Nachbar das Altvatergebirge mit dem Altvater (1.491 m) als höchstem Berg.
Bild 6: Schweizer - Grafschafter Talebene - Adler- und Habelschwerdter Gebirge am 27.05.1999
Bild 7: Der am 13.10.1973 von Polen gesprengte Kaiser-Wilhelm-Turm vom Gr. Schneeberg am 27.05.1999
Das enge langgestreckte Tal der March öffnet den Blick in den mährisch-böhmischen Bereich in Richtung Grulich. Der Rückweg führt uns an der Schweizerei vorbei ins Kamnitztal nach Wilhelmsthal zur Pension Emilia, wo uns ein gepflegtes Bier selten so gut die durstige Kehle erfreut hat. Der Bus schaukelte uns dann in die Unterkunft zurück.
Ein für uns alle wohl unvergeßlich erlebnisreicher, aber auch anstrengender und zugleich glücklicher Tag in unserer geliebten Heimat neigt sich dem Ende.
Für mich nach 55 Jahren wiederum die erste Wanderung im Glatzer Schneegebirge.
Der 30. Mai, die bewährte Schneeberg-Wandergruppe, bricht auf zur Erkundung der Neißequellen. Busfahrt bis vor Neißbach. Aussteigen und Aufsteigen zum 900 m hohen Eschenberg, dem Quellgebiet der Neißequellen.
Bild 8: Auf dem Weg zu den Neißequellen. Blick auf Neißbach und obere Grafschaft.
Um sicher und zweifelsfrei unser Ziel zu erreichen wählen wir nach ca. 200 m ostwärts Neißbach den Weg unmittelbar an der Neiße bergwärts durch Wald und Gestrüpp. Nach knapp 200 m teilt sich die Neiße in ein südliches und nördliches Bächlein, die beide voneinander bis zu 100 m in der Breite zu Tale drängen. Wir steigen weiter am südlichen Wasser entlang und erreichen in bis zu 200 m Entfernung die südlichen Quellen. Frisches, kristallklares Quellwasser aus der Tiefe des Eschenberges drängt beiderseits einer stämmigen Fichte ans Tageslicht und vereinigt sich nach etwa zwei Metern in ein zu Tale springendes Bächlein.
Bild 9: Die zwei südlichen Neißequellen am Eschenberg am 30. Mai 1999
Keine 100 m nördlich davon, in etwa gleicher Höhenlage, sprudelt die dritte Quelle aus dem Reich der Erde, eilt talwärts, um sich nach ca. 200 m mit dem südlichen Quellarm zu vereinen und von nunan als Glatzer Neiße den Weg mitten durch unsere Heimat zu nehmen. Sie verläßt die Grafschaft in Wartha, mündet bei Ohlau, südostwärts von Breslau, in die Oder, um im weiteren Verlauf in die Ostsee zu münden.
Die im Glatzer Schneegebirge vorhandenen drei Quellgebiete der March (Verlauf: Donau-Schwarzes Meer), der Glatzer Neiße (Verlauf: Oder-Ostsee) und der Stillen Adler (Verlauf: Elbe-Nordsee) ist als Europäische Wasserscheide dreier Meere einmalig in Europa, neben der am Maloja Paß in der Schweiz.
Unsere Wanderung führte weiter am Grenzpfad entlang zu den Klappersteinen mit phantastischem Blick ins obere Neißetal, zum "Sieh dich für", nach Neundorf. Dort nahm uns der Bus wieder in Empfang und ab ging es nach Bad Landeck.
Zusammenfassend darf ich mit Freude feststellen, daß "mir Groafschoafter weder amool zusomma derhääme sein konda, meetnander gemietlich pauann onn derzeehle onn lostich senga onn freelech zusomma senn kunda." Petrus hat uns mit schönem Wetter reichlich belohnt!
Als kränkend und beleidigend muß ich überall feststellen, daß jahrhundertalte deutsche Kultur und Geschichte polonisiert und zerstört wird, daß Polen nach über 50 Jahren völkerrechtswidriger Vertreibung nicht willens und bereit ist, zumindest eine doppelsprachige Beschriftung vornehmen zu lassen. Das führt beispielsweise in unserer Grafschaft dazu, daß mangels zweisprachiger Beschriftung der Straßen Orte und Wanderwege keine ausreichende Orientierung und ein zielgenaues Wandern nicht möglich ist und Verirrungen an der Tagesordnung sind.
Das aber ist und kann keine Grundlage für ein gemeinsames Europa sein!
Helmut Höcker
Erstveröffentlichung in gedruckter Version als Anlage zu den "GGV-Mitteilungen 3/99" des Glatzer Gebirgs-Vereins e. V. Braunschweig vom 22.11.1999
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Erste Version vom 22.03.2000, letzte Aktualisierung am 22.02.2001.