Grafschaft Glatz > Kultur und Geschichte > Schlesien 1800 von John Quincy Adams

Kultur und Geschichte
der Grafschaft Glatz (Schlesien)

 

Reise von John Quincy Adams im Jahr 1800
durch die Grafschaft Glatz

Auszug aus: „Briefe über Schlesien.“ von John Quincy Adams.
Geschrieben auf einer in dem Jahre 1800 durch dieses Land unternommenen Reise

Vorwort

Titel-Seite
Portrait von John Quincy Adams, 1796
(John Singleton Copley, gemeinfrei)

John Quincy Adams (der Sohn von Präsident John Adams und spätere 6. Präsident der Vereinigten Staaten vom 4. März 1825 bis zum 4. März 1829) wurde zum bevollmächtigten Gesandten am preußische Hofe in Berlin ernannt. Der erfahrene Diplomat John Quincy Adams war von 1797 bis 1801 der erste ständige Vertreter der Vereinigten Staaten in einem deutschsprachigen Land. [1]
Während seiner Tätigkeit in Berlin unternahm er von Juni bis Oktober 1800 mit seiner Frau (Louisa Catherine Johnson) eine ausgedehnte Reise durch die preußische Provinz Schlesien, die ihn literarisch sehr inspirierte und in mehreren Briefen an seinen Bruder Thomas Boylston Adams ihren Ausdruck fand. Dieser sorgte für ihre Veröffentlichung einige Zeit später. Die „Letters on Silesia: Written during a tour through that country in the years 1800, 1801“ wurden ins Deutsche und Französische übersetzt. 1802 wurde Adams in den Senat von Massachusetts gewählt und kandidierte erfolglos für das US-Repräsentantenhaus. [2]

Der Herausgeber hat im folgenden Text die Briefe über die Reise durch die Grafschaft Glatz in moderne und digitale Schrift übertragen.
 
Quellen:
[1] US-Botschaft in Berlin: https://de.usembassy.gov/de/history-of…
[2] Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/John_Quincy_Adams

© Christian Drescher, 2024

 
Titel-Seite

Briefe
über Schlesien.

Geschrieben
auf einer in dem Jahre 1800
durch dieses
Land unternommenen Reise
von
John Quincy Adams,
damaligen bevollmächtigten Minister der vereinigten
Staaten an dem Hofe zu Berlin, und gegenwärtigem
Mitgliede des nordamerikanischen Senats.


Aus
dem Englischen übersetzt
von
Friedrich Gotthelf Friese,
und
mit einigen berichtigenden und ergänzenden
Anmerkungen
versehen
von
Friedrich Albert Zimmermann.


Breslau
bey Wilhelm Gottlieb Korn.
1805.

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Ein und zwanzigster Brief.

Landeck – Dessen Bäder und Mineralwässer – Schönheit seiner Umgebungen – Der Bielefluß – Der Wasserfall zu Wölfels- grund – Ruinen der Stadt Habelschwerdt.

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Zwei und zwanzigster Brief.

Excursion nach der Heuscheuer im Gebürge – Wünschelburg – Stundenglocke

Drei und zwanzigster Brief.

Die Heuscheuer – Leyersdorf – Carlsberg – Aussichten vom Gipfel der Heuscheuer – Die Kirche in Albendorf – Eckers- dorf – Der Graf Magni

Vier und zwanzigster Brief.

Der General von Favrat – Glatz – Des- sen Festung u.s.w. – Wartha – Fran- kenstein – Silberberg – Die dasige Fe- stung u.s.w. – Jordansmühle – Zobten – Der Zobtenberg – Breslau

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Ein und zwanzigster Brief.

Landeck – Die dasigen Bäder und Mineralwässer – Schön-
heit seiner Umgebungen – Der Bielefluß – Der Was-
serfall im Wölfelsgrunde – Ruinen der Stadt Habel-
schwerd.

Glatz, den 25. Aug., 1800.

Da der Gouverneur der Stadt abwesend und bei dem Könige war, der zu Neisse Revüe hielt, so ließ ich den Commendanten am Sonnabende früh begrüßen, mit der Bitte, mir die Festung zu zeigen, die man uns als die einzige Merk-

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würdigkeit erwähnt hatte, welche an diesem Orte zu finden sey; allein er brauchte so viel Zeit zur Berathschlagung, ob er uns, in Abwesenheit des Gouverneurs, die Erlaubniß ertheilen könne, daß ich noch denselben Tag beschloß nach Landeck zu gehen, was wir auch in einem der gewöhnli- chen Fuhrwerke des Landes thaten. Landeck ist eine kleine, drei deutsche Meilen von Glatz ent- fernte Stadt, mit Bädern und mineralischen Wässern, die jährlich, zumal in den Monaten Juli und August, durch eine Anzahl von Men- schen, theils zur Herstellung ihrer Gesundheit, theils zum Vergnügen besucht werden. Jetzt fanden wir nur sehr wenige Gäste daselbst, al- lein unser Wirth erzählte uns, vor Ankunft des Königs und der Königin in Schlesien, sey die Gesellschaft sehr zahlreich gewesen, und lebte da- bei in der Hoffnung, daß noch viele von diesen Badelustigen, nach der Breslauer Revüe, Zeit und Muße genung finden würden, krank zu seyn, und noch ein wenig hier zu baden und zu trin- ken. Das Wasser zum Baden ist ohngefähr milchlau; der Brunnen zum Trinken hingegen ist kalt, und so klar als Krystall, allein so sehr mit Schwefel geschwängert, daß er wie das Wasser schmeckt, was gewöhnlich im Boden der

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Schiffe stehen bleibt (bilge-water.). Wie auch immer seine Wirksamkeit seyn mag, so habe ich doch nie einen Badeort gesehen, dessen Lage mehr dazu geeignet geschienen hätte, die Gesund- heit zu erhalten oder wieder herzustellen, als Landeck. Es liegt in einem von Hügeln umge- benen Thale die von verschiedener Höhe sind; einige dieser Hügel sind noch jetzt mit schönen und hohen Bäumen dicht bewachsen, andere hin- gegen zeigen sich dem Auge bis zum obersten Gipfel im schönsten Zustande der Cultur. Zur Seite des einen dieser Hügel, befinden sich die zwei Bäder, die Kirche, ein großes und schönes von dem Gouverneur in Glatz erbautes Haus, ein anderes weniger geräumiges, welches der dirigirende Minister von Schlesien Graf von Hoym für den Grafen Malzahn seinen Schwiegersohn, erbauet hat; ferner der Salon oder die Halle, in welcher eine table d’hote gehalten wird, und worin auch zur Bequemlich- keit der Badegäste noch verschiedene Zimmer vor- handen sind; nebst mehrern andern Gebäuden. Auf einem andern etwa eine halbe Meile von den Bädern entferntem Hügel steht eine Art von Tempel, der ebenfalls vom Grafen Hoym er- baut worden ist, und dann und wann als Spei-

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sesaal gebraucht wird, wie dieß am letzten Frei- tage der Fall war, als die Königin Landeck be- suchte. Man hat alles Holz auf dem Hügel stehn lassen, und den Wald nur da gelichtet, wo Spaziergänge, und hie und da ein viereckig- ter Rasenplatz, oder ein nach vorn offner Halb- cirkel mit steinernen Bänken angelegt sind, auf denen der müde Müssiggänger ausruhen kann. Im Mittelpunkte ist eine Pyramide auf einem hohen Fußgestell von zusammengekitteten Stei- nen errichtet, die man der schützenden Gottheit dieses Lusthaines gewidmet hat. In dem am Fuße dieser Hügel gelegen Thale wälzt der kleine Bielefluß seine geringe Wassermasse längst demselben fort; in Amerika würde man ihn wie alle andre Flüsse dieses Landes kaum mit dem Namen eines Grabens beehren. In der Nähe der Bäder findet man einige Glasbuden, mit Glasschleifern und Schneidern; die Glaswaaren selbst werden zu Friedrichsgrund, drei Meilen unterhalb Glatz gemacht. Sie sie sind weit bes- ser als die zu Warmbrunn, und kommen dem böhmischen Glase zu Neuwelt ziemlich gleich, allein im Preise sind sie fast noch einmal so theuer.

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Jener angenehme und beständige Wechsel von Hügeln und Thälern, von wilden felsigten Bergen und grünen beblümten Wiesen, von dicken hohen und dunkeln Wäldern, und reichen Erntefeldern, der uns von dem Augenblicke an als wir Bunzlau verließen, so mannichfaltiges Vergnügen gewährte, hat uns auf der Straße nach Landeck eben so angenehm überrascht, als in jeder andern Gegend die wir durchreist sind. Aber hier ist es wo die für unsern Wagen fahr- baren Straßen und der ganze zeizende Theil von Schlesien aufhören. Durch die zunehmende Dürftigkeit der Einwohner, die allmählige Ver- schlimmerung der Wirthshäuser, und die größere Menge von Catholiken, fangen wir an inne zu werden, daß wir uns den Gränzen von Ober- schlesien und Pohlen 74) ziemlich genähert haben.


74) Hier ist ein geographischer Fehler, Pohlen ist von Landeck wenigstens zwanzig Meilen entfernt. Schade ist's, daß der Verfasser bei seiner Reise auf zu kurze Zeit beschränkt war, und sich auch vielleicht durch mancher- lei ungünstige Schilderungen abhalten ließ, Oberschle- sien, mit seinen Eisenwerken, Blech und Stahlfabriken, das Bleibergwerk zu Tarnowitz, den Clodnizkanal, und so viele andre Anlagen zu sehen, die von den raschen Fortschritten der Cultur in jener vor funfzig Jahren fast unwirthbaren Gegend zeugen.

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Ehe wir Berlin verließen, hatte man uns ver- sichert, das wir über Landeck hinaus, sehr we- nig für unsere Wißbegierde und nichts für unser Vergnügen finden würden. Wir hatten daher diesen Ort zum Ziele unserer auswärtigen Exkur- sion bestimmt; und nachdem wir am Sonnabend Abend und gestern früh unsere Neugierde mit Besichtigung der hiesigen Merkwürdigkeiten ge- stillt hatten, so begaben wir uns zwischen eilf und zwölf Uhr auf die Rückreise. Allein durch unsern Entschluß den Wasserfall zu Wölfels- grund zu sehen, waren wir genöthigt einen Um- weg zu nehmen, der wenigstens noch einmal so weit, als die Entfernung von Glatz ist, und bei der außerordentlich schlimmen Straße, galt dieß so viel, als wenn wir den gewöhnlichen Weg dreimal zurückgelegt hätten. Wenn Sie je an dem Rande eines steilen zweihundert Fuß tie- fen Abgrunds gestanden haben, Ihren Arm um einen Baum geschlungen, der höchstens so dick als der Arm selbst, aus der Wand des Abgrunds hervorgeschossen ist, um vorwärts gebogen auf eine Wassermasse hinabzusehn, welche in einem schönen Bogen achtzig Fuß tief hinunter fällt, und auf einem andern Felsen, in schneeartigen Schaum aufgelöst, auseinander sprützt; oder

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wenn Sie je einen tiefen Grund betreten haben, der sich in der engen Kluft zwischen zwei hohen Bergen befindet, die so aussehen, als wenn sie durch den Streich einer allmächtigen Hand mit einenmal gespalten worden wären; und hier in der durchdringenden Kühle eines Orts, den nie ein Strahl der Sonne traf, und in dem Sil- berschaum der Ihr Gesicht wie Thau benetzt, zu den großen festen Bruchstücken der Felsen hinauf- sehen, über welchen die steilen Abhänge der Berge gleichsam schwebend erscheinen, und mit dunkeln, hohen, majestätischen Bäumen prangen, die sich gleich einem Amphitheater reihenweise übereinander erheben; wenn Sie den ganzen Ein- druck gesehen und gefühlt haben, den eine Scene wie diese macht, den aber selbst eine unendlich geübtere Feder als die meinige, nur vergeblich suchen würde zu schildern: dann, lieber Bruder, darf ich nicht von Ihnen die Frage besorgen, ob ich noch nicht genung an Wasserfällen gehabt hätte. Der im Wölfelsgrunde hat ungefähr die- selbe Höhe als der Kochelfall, macht aber eine weit größere Wirkung, als jeder von den dreien, die wir zuvor gesehen hatten, da er weit besser mit Wasser versehen ist.

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Wir hatten auf die Weite des Weges und auf den schlechten Zustand der Straße, die wir zu reisen hatten, nicht gehörige Rücksicht genom- men, und uns länger in Landeck aufgehalten als wir gethan haben sollten, um des Abends nach Glatz zurückzukehren. Wir konnten das Thor vor eilf Uhr in der Nacht nicht erreichen, und fanden, daß es um zehn Uhr geschlossen worden war, nach welcher Zeit niemand in die Stadt gelassen wird. Wir sahen uns daber genöthigt unser Nachtquartier in einem Wirthshause außer- halb den Mauern zu suchen, und kamen erst die- sen Morgen in die Stadt. Auf unserer Rück- reise fuhren wir durch die Ruinen des Orts, wo noch vor einer Woche die Stadt Habel- schwerdt stand; sie wurde am verwichenen Mon- tage durch eine Feuersbrunst [A] in Asche verwan- delt, und wir fanden jetzt nichts als die Mauern der mehr oder weniger zerstörten Häuser. Nur wenige Wohngebäude außerhalb den Mauern, und eine Kirche, sind bei dem allgemeinen Un- glück verschont geblieben. Vor den Thüren die- ser Häuser sahen wir eine Menge von Weibern und Kindern, die wie es schien, ihrer Wohnun- gen beraubt waren, und bloß durch die Men- schenliebe ihrer Nachbarn ein Obdach fanden.

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Hie und da in den Straßen zeigte sich eine ein- zelne von Kummer und Sorge entstellte Men- schengestalt, die langsam zwischen den Schutt- haufen, oder zwischen den Bruchstücken der Häu- ser umherschlich, um das Plätzchen ihrer ehema- ligen Wohnung zu suchen. Vor dem Kruzifix am Thore lag ein Kind von zwölf bis dreizehn Jahren auf den Knieen, um wahrscheinlich das- jenige Wesen um Schutz anzuflehen, dessen schreck- liche Züchtigung ihm das Dach über dem Kopfe geraubt hatte. Das düstere dieser unglücklichen Scene wurde noch mehr durch die Dämmerung des Abends verstärkt, als wir durch diese trau- rigen Ueberreste fuhren, und der Anblick des Ganzen war so erschütternd, wie ich ihn noch nie gesehen und empfunden habe.

Zwei und zwanzigster Brief.

Reise nach der Heuscheuer in den Gebürgen – Wünschelburg – Die Stundenglocke.

Wünschelburg, den 28. Au-
gust, 1800.

Die Beschwerlichkeiten unsrer gestrigen Reise waren so groß, daß wir beschlossen einige Tage

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in Glatz auszuruhen. Auch scheint L [Louisa Catherine, seine Ehefrau] – , nach- dem sie durch Ersteigung der Riesenkoppe ihren Muth bewiesen hat, am Erklettern der Berge eben nicht viel Geschmack zu finden. Es giebt indeß einen in diesem Theile des Landes den man, weil er in der Ferne Aehnlichkeit mit ei- ner deutschen Scheuer hat, die Heuscheuer (Barn) nennt, und den ich, da er von den meisten wißbegierigen Fremden bestiegen wird, ohnmöglich versäumen konnte zu sehen. Ich nahm daher einen Wagen und Postpferde, und kam diesen Nachmittag allein in dem drei Mei- len von Glatz entfernten kleinen Städtchen Wün- schelburg an, welches am Fuße des Berges liegt. Hier gedenke ich bis gegen zwei Uhr des Mor- gens zu verweilen, und sodann, wenn das Wetter schön ist, meine Pilgerreise anzutre- ten. Ich habe Ihnen schon einmal von der Unbequemlichkeit Erwähnung gethan, der Rei- sende hier, durch die beständige und unvermeid- liche Abhängigkeit von der Witterung unterwor- fen sind. Wir sind in dieser Hinsicht bis jetzt ganz vorzüglich glücklich gewesen, allein der ge- genwärtige Anblick des Himmels scheint mir eben nicht viel für den Erfolg meiner Unterneh- mung zu versprechen. Der arme W – hat wie-

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der einen heftigen Anfall seines ihn jährlich heim- suchenden Wechselfiebers, und wir waren sogar genöthiget, ihn bei unsrer Reise nach Landeck in Glatz zurückzulassen. Heute befindet er sich bes- ser, allein ich wollte ihm nicht die Anstrengung zumuthen mit mir die Heuscheuer zu ersteigen, und bei der Reise hieher, auf einer schlechten steinigten Straße, in einer Art von Karren, hin und her geworfen zu werden.

Ich kam grade in diesem kleinen, bloß aus sechs und achtzig Häusern bestehenden Städtchen an, als man um neun Uhr die Glocke läutete, dieß ist ein in diesem Theil der Welt sonst nicht gewöhnlicher Gebrauch, der mich an mein Va- terland, und besonders an Haverhill erin- nerte. Es giebt auch noch eine andre ähnliche Gewohnheit, welche in den meisten der ältern Städte Schlesiens eingeführt ist. Jede Stunde stößt ein Trompeter, so bald die Uhr geschlagen hat, eine oder zwei Minuten lang auf dem Thurme des Rathhauses, in die Trompete. Dieß Verfahren hat seine Unbequemlichkeiten, und es würde heut zu Tage schwer werden den Nutzen davon anzugeben. Sein Ursprung mag wahr- scheinlich in eine Zeit fallen, wo die Uhren auf öffentlichen Gebäuden noch nicht allgemein im

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Gebrauch waren, und damals mag man dadurch die Stunden angekündigt haben. Jetzt wird es bloß beibehalten, weil es einmal eingeführt ist, und hat schon lange den Zweck überlebt, dessen Erreichung man beabsichtigte. 75)

Eine kleine aber demohngeachtet sehr unge- legene Beschwerlichkeit, der, wie Sie wissen, die Reisenden in den meisten Gegenden Deutsch- lands ausgesetzt sind, ist in den meisten schlesi- schen Städten unbekannt; sie besteht nämlich darin, daß man am Eingange in jede Stadt von einem Menschen mit seiner Muskete und Ba- jonet in der Hand angeredet wird, der jedem Einpassirenden an der Spitze einer Reihe ande- rer, mit der eben nicht höflichen Frage entge- gen lommt: „wer sind Sie?“ wodurch man genöthigt wird, einem Manne über sein Leben und Abentheuer Auskunft zu geben, den man beinahe für einen römischen Legionär aus den Zeiten des Plautus halten möchte, welcher uns versichert, daß es selbst nicht in der Macht der Götter stehe, einen höflichen Soldaten zu


75) Die Einrichtung hat guten Nutzen. Der Bläser muß rings herumgehen, und kann alle Stunden wenigstens sehen, ob wo ein Feuer entsteht.

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machen. Von diesem langweiligen Ausfragen ist man in den Gebürgsstädten gänzlich befreit, weil sie keine Garnisonen haben. Sobald man aber in die Festungen kommt, wird man durch ein desto längeres Examen gequält, und fast scheint es als wenn hier die Soldaten sich für alle die Gelegenheiten zu Vexationen, die ihnen entzogen worden sind, schadlos halten wollen. In Schweidnitz war ich genöthiget, meinen Na- men und Charakter viermal anzugeben, wobei es noch mancherlei Erläuterungen bedurfte, um dem Inquirenten begreiflich zu machen, woher es komme, daß ich kein Graf sey, oder daß mein Name wenigstens nicht mit einem Von anfange, ehe ich in das Innere der Stadt kom- men konnte.

Zwei und zwanzigster Brief.

Die Heuscheuer – Leyersdorf – Carlsberg – Aussichten
vom Gipfel der Heuscheuer – Die Kirche zu Albendorf
– Eckersdorf – Der Graf Magni.

Glatz, den 27. Aug. 1800.

Als ich meinen Brief an Sie gestern früh um zwei Uhr schloß, so hatte ich, wie sich das Wet-

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ter in Wünschelburg anließ, sehr wenig Hoff- nung die Sonne auf dem Gipfel der Heuscheuer zu sehen. Ich brach jedoch gegen drei Uhr auf, von meinem Führer begleitet, der eine Laterne trug, denn es war noch so finster wie um Mit- ternacht. Ich mußte zwei und eine halbe Stunde lang beständig bergan steigen, zwei kleine Ebe- nen ausgenommen, auf deren jeder eine kleine Anzahl beieinander liegender Häuser anzutreffen ist, wovon die eine Leyersdorf, und die andre Carlsberg heißt. Diese Ebenen sind angebaut, und noch gegenwärtig mit Roggen, Hafer, und Flachs bedeckt, die in einer solchen Höhe sehr spät zur Reife kommen, und ein sehr dürftiges Ansehn haben. Carlsberg liegt auf dem Gipfel des Berges, und am Fuße der Felsen die eigent- lich den Namen der Heuscheuer führen. Diese Felsen scheinen mir ohngefähr dreihundert Fuß hoch zu seyn; die meisten derselben steigen in per- pendikulärer Richtung von dem Gipfel des Ber- ges in die Höhe, und zwischen vielen findet man Spalten von ein bis zwei Fuß Breite, die sich vom Gipfel bis auf den Grund erstrecken. Die Felsen würden unzugänglich seyn, wenn man nicht zum Besten des wißbegierigen Reisenden an den steilsten Stellen hölzerne Flugtreppen an-

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gebracht hätte. Durch Hülfe derselben wurde es mir möglich den Gipfel des höchsten Felsen zu erreichen, welcher, zu größerer Sicherheit, rings umher mit einem Geländer eingefaßt ist. Ehe- dem wagten es nur sehr wenige Personen, auf demselben zu stehen, da er nicht mehr als sechs bis acht Fuß ins Gevierte hält, und da hier fast immer ein stürmischer Wind weht, von des- sen Unfreundlichkeit ich selbst aus Erfahrung spre- chen kann. Bei meiner Eilfertigkeit den Gipfel vor Sonnenaufgang zu erreichen, hatte ich meinen Führer so weit hinter mir gelassen, daß er erst eine Viertelstunde nach mir auf den eben erwähn- ten Ort kam; und da er meinen Ueberrock trug, so war ich genöthigt, bis er nachkam, unter die Wand eines Felsens zu kriechen, und hier gegen die Heftigkeit des Windes Schutz zu suchen. Etwa eine Vierteltunde vorher war die Sonne völlig heiter aufgegangen, und ihr Strahlenkreis vergoldete alle umherliegenden Bergspitzen. Die Aussicht, die sich hier meinem Auge darbot, war sogar ausgebreiteter als die, welche ich auf der Riesenkoppe gehabt hatte, weil die Atmosphäre viel reiner war. Diese 76) Felsenreihe erstreckt


76) Nicht fortwährend läuft die Felsenreihe, sondern sie wird unterbrochen, oft durch ein Thal von einer Meile.

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sich ohngefähr acht bis zehn englische Meilen weit, und ihr Anfang ist so wie ihr Ende so schroff und steil, daß sie wie die Krone auf dem Haupte des Berges erscheint, auf dem sie steht, und der übrigens nicht höher als diejenigen Berge ist, die an beiden Seiten der Heuscheuer hinlau- fen. Die höchste Zinne, wird wegen der Ge- stalt des Felsens, der Großvaterstuhl ge- nannt. Die Breite dieses Orts, welche 50° 28‘ 25“ angegeben ist, und die vier Hauptgegenden, sind in den Felsen gehauen, so wie auch Tag und Jahreszahl, wo der verstorbene und gegen- wärtige König von Preußen diese Bergspitze besucht hatten. Man findet auch einen gro- ßen Marmormedaillon in die Wand eines der Felsen eingemauert, mit einer Inschrift des Inhalts: daß der verstorbene König hier gewe- sen sey, und einigen schlechtgerathenen schmeich- lerischen Versen zu seinem Lobe. Die höch- ste Spitze dieser Felsen ist ohngefähr 77) drei- tausend Fuß über der Meeresfläche erhaben. Bei meiner Zurückkunft nach Wünschelburg stat-


Weiterhin gegen Nordwest werden die Steine weicher, nach Südwest ab v härter.
77) Richtig zweitausend und neunhundert Fuß.

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tete mir der Bürgermeister der Stadt eine Staatsvisite ab, und machte mir dabei manche Höflichkeitsanerbietungen, da ich mich jedoch ab- zulehnen genöthigt sah, da ich eilte wieder nach Glatz zu kommen. Durch einen kleinen Umweg, den ich nahm, hatte ich Gelegenheit die Kirche zu Albendorf, und den Wohnsitz des Grafen Magni zu Eckersdorf zu besehen. Die Kirche ist ehedem als ein Wallfahrtsort, der ein wun- derthätiges Bildniß der Jungfrau Maria besitzt, berühmt gewesen; an den ihr gewidmeten Fest- tagen, sind hier oft Processionen von sechs, acht bis zehntausend Menschen beisammen gewesen, die aus allen Gegenden Schlesiens und Böh- mens kamen. Sie sind zwar noch immer sehr zahlreich, gerathen aber doch wie die meisten an- dern Reliquien der catholischen Religion von Jahr zu Jahr mehr in Verfall. Die Geschichte der Kirche ist kürzlich diese: als im Jahr 1218 ein Bauer mit Namen Jann, 78) der stock-


78) Ueber die Entstehung dieser Kirche, und der Menge von Wundern, die hier geschehen sind, ist ein dicker Quartband 1731 heransgekommen, welcher diesen Titel hat: „Fruchtbarer und schattentreicher Lindenbaum, oder Marianischer Albendorfer erneuerter Ehren- und Gnaden-Thron sc. Mit Kupfern.

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blind war, von ohngefähr bei einer hohen Linde vorübergieng, so bekam er, durch ein aus diesem Baume strahlendes Licht augenblicklich sein Ge- sicht wieder; bei näherer Besichtigung fand er nun, daß dieser Glanz von einem kleinen Bilde der heil. Jungfrau herrührte, das sich in der Höhle des Baumes befand. Diese Thatsache kann unmöglich bezweifelt werden: denn – sie ist auf einem Gemälde vorgestellt, das unmittelbar über der Stelle hängt, wo die Linde stand. Zur Er- haltung dieses wunderthätigen Bildes wurde der Platz mit einer Capelle überbaut; und zu Anfange des letzten Jahrhunderts erweiterte man diese Ca- pelle zu einer schönen und prächtigen Kirche. Das Wunderbild wird noch über dem Hochaltar in ei- nem Glasrahmen aufbewahrt. Viele hunderttau- sende des armen blinden Pöbels haben sich durch sechs volle Jahrhunderte ihrer Gesundheit wegen, an dasselbe gewendet; allein über dessen Wirksam- keit ihre Krankheiten zu heilen, sind hier leider keine Zeugnisse vorhanden. Wahrscheinlich mögen sie wohl alle wenigstens eben so blind zurückgekehrt seyn, als sie herkamen. Um die Feierlichkeit und Dauer der Processionen zu vermehren, hat man in der Kirche selbst, und rings um das Dorf Al- bendorf, kleine Capellen erbauet, die Darstellun-

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gen des Lebens und Leidens Christi in Bildhauer- arbeit enthalten; die Processionen verweilen bei jeder derselben, und das Volk knieet nieder, betet, und küßt die heiligen Reliquien, die beständig auf jeder dieser Stationen zur Verehrung hingestellt bleiben. Die merkwürdigste dieser Reliquien ist ein Wisch von dem Stroh, auf welchem das Je- suskind bald nach seiner Geburt im Stalle gele- gen hat. Er befindet sich unter einer eisernen Platte, die in der Mitte ein kleines viereckigtes Loch hat, durch welches man einen halben Zoll von der Länge des Strohes sehen kann. Die Platte von Eisen ist bereits sehr abgenutzt und vom Rost gefressen, das erstere mag durch die Küsse des armen blinden Volkes geschehen seyn, welches an die Authenticität der Sache glaubt. Ich wurde von einem der Geistlichen [B] begleitet, die bei der Kirche den Gottesdienst verrichten; allein er schien sich so seiner Reliquien zu schämen, daß ich merkte, er sähe es ungern, wenn ich die Inschristen um dieselben las die ihren Inhalt er- klärten; ich hörte daher auf meine Neugierde in dieser Hinsicht zu befriedigen. Er wiederholte mir verschiedenemal, daß die Aechtheit der Reli- quien äußerst zweideutig sey; und erklärte insbe- sondere, daß seiner eignen Ueberzeugung nach, ein

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Strohbündel von den Zeiten der Geburt Christi an wohl schwerlich bis auf die gegenwärtigen auf- bewahrt werden könne. Jeden Morgen wird in dieser Kirche Messe gelesen, und sie fing eben an, als ich mich dort befand. Die Orgel ist klein, und die Kunst des Organisten verdient eben nicht gerühmt zu werden. Auch der Gesang war nur mittelmäßtg. Im Dorfe giebt es, der Kirche gegenüber, eine Anzahl kleiner Buden, worin Rosenkränze und Wachslichter, nebst an- dern bei Processionen nothwendigen Dingen ver- kauft werden.
Der Graf Magni [C] ist einer von denjenigen Edelleuten, von denen funfzehn 79) oder zwan- zig beinahe die ganze Provinz Schlesien besitzen. Er hat mehrere Wohnsitze in verschiedenen Ge- genden des Landes; auf einem derselben, der Ullersdorf heißt, und zwischen Glatz und Landeck liegt, empfing und bewirthete er die Königin in der verwichenen Woche. Gewöhnlich pflegt er in Eckersdorf zu wohnen, wo er ein schönes


79) Hier irrt der Herr Verfasser: Graf Magni besitzt 35 Güter; und in Schlesien sind 1,244 adliche Guts- besitzer; wenn man nun andre Güter, die dem König, der Geistlichkeit, und den Städten gehören, dazu rech- net, so zeigt sich der Irthum noch deutlicher.

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Wohnhaus und einen Garten hat, in dem sich Treibhäuser befinden, die manche Früchte ent- fernter und warmer Klimate enthalten. Vor- züglich merkwürdig ist indeß dieser Ort wegen seines Rind- und Schafviehes, auf dessen Zucht und Verpflegung der Graf eine besondere Auf- merksamkeit gerichtet hat. Er vermischt die Zucht seiner Schafe und hat Widder aus Spanien und Padua kommen lassen. Er löset jährlich gegen zwanzigtausend Thaler aus der Wolle, und verkauft sie zu einem Preise der funfzig Procent 80) höher ist, als der Preiß der gewöhn- lichen Wolle des Landes; nämlich das Pfund zu zwanzig preußischen Groschen. Von seiner Zucht hat er viele Schafe das Stück zu dreißig Tha- lern verkauft, und alle werden ihm noch einmal so theuer bezahlt, als der gewöhnliche Preiß ist. Den Winter hindurch werden die Schafe bestän- dig unter Dache, und zwar in Scheuern ver- pflegt, deren Thüren auf allen Seiten offen ge- lassen werden. Im Sommer werden sie bloß am Tage auf die Felder getrieben. Der Graf selbst ist jetzt abwesend, und ich wurde in sei-


80) Hundert Procent ist die Magnische Wolle theurer als die gewöhnliche.

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nen Anlagen und Gärten durch einen franzö- sischen Abbé herumgeführt, der Lehrer seiner beiden Söhne ist, die sich zu Hause befanden.

Vier und zwanzigster Brief.

Der General von Favrat – Glatz – Dessen Festung u.
s.w. – Wartha – Frankenstein – Silberberg –
Die dasige Festung u.s.w. – Jordansmühl – Zob-
ten –- Der Zobtenberg – Breslau.

Breslau, den 30. Au-
gust, 1800.

Bei meiner Zurückkunft nach Glatz von der Reise nach der Heuscheuer, händigte ich dem Gouverneur des Platzes, welches der General- lieutenant von Favrat [D] ist, einen Brief ein. Dieser Officier wurde in Savoyen geboren, und trat im Jahre 1758 in die Dienste Friedrich des Zweiten, und zwar unmittelbar nach der Schlacht bei Hochkirch [E] , zu einer Zeit wo sich die Angele- genheiten Friedrichs in der verzweifeltsten Lage zu befinden schienen. Der General, welcher schon damals kein Neuling im Kriegswesen war, denn er hatte bereits im Jahr 1745 der Schlacht von Fontenoi beigewohnt, ist jetzt gegen siebenzig

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Jahr alt, besitzt aber noch die Lebhaftigkeit und Fröhlichkeit eines jungen Mannes von fünf und zwanzig Jahren. Von dem Augenblicke an wo ich ihm den Brief überreichte, bis zu unsrer Abreise von Glatz, erwieß uns dieser Herr un- gemein viel Artigkeit und Gefälligkeit, und wußte uns fast jeden Augenblick unsrer Zeit auf die angenehmste Art zu vertreiben; so daß ich vor unsrer Ankunft hieselbst, nicht ein Stündchen Muße gewinnen konnte, diesen Brief zu endigen.

Freitags am 27. giengen wir des Morgens vor die Thore von Glatz, um den Einmarsch der zwei Regimenter und eines Bataillons Gre- nadiers zu sehen, die die Garnison des Platzes ausmachen, und der Revüe zu Neisse beige- wohnt hatten. Nachher begleitete uns der Gou- verneur auf die Festung, die auf der einen Seite der Stadt auf einem steilen Hügel liegt. Sie ist immer einer der festesten Plätze im Lande ge- wesen, wurde aber im Jahr 1760, durch Ver- rätherei des Commendanten, von den Oesterei- chern genommen. Im Frieden von 1763 wurde sie an Preußen zurückgegeben; und seit dieser Zeit sind noch mehrere Millionen Thaler ver- wendet worden, um ihre Festungswerke noch un- zugänglicher zu machen. Man zeigte uns den

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Ort, in welchem Trenck zuerst gefangen saß, und aus dem es ihm gelang zu entkommen. In den letzten drei Jahren hat man nicht weit von dem Gipfel einen Platz mit Kasematten errich- tet, in denen achthundert Mann wohnen kön- nen, und deren Mauern so dick und massiv sind, daß die darin befindlichen Truppen voll- kommen sicher seyn würden, wenn der Ort bom- bardirt werden sollte. Auf der äußersten Spitze befindet sich ein Wachtthurm, von dem wir eine entzückende Aussicht nach allen Seiten hatten. Die ganze Grafschaft Glatz lag vor unsern Au- gen, und wurde durch einen Cirkel von Bergen begränzt, welche sie von Böhmen und Ober- und Niederschlesien trennen. Sie gleicht einem ungeheuern Kessel, und diesen Namen geben ihr auch die Einwohner des Ländchens. Auf dem Wachtthurme sieht man eine Bildsäule des heili- gen Johannes von Nepomuk, der Schutzpatron von Böhmen ist; sie wurde auf Befehl Frie- drich des Zweiten aufgestellt, und zwar so, daß der Heilige das Gesicht nach Böhmen kehrt; dieser Umstand gereichte dem hiesigen gemei- nen Volke zur größten Zufriedenheit, und trug sehr viel dazu bei, dasselbe mit der Ober- herrschaft dieses Erzketzers auszusöhnen. Auch

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findet man auf der Spitze des Thurms eine große cirkelrunde Tafel, auf welcher die Namen aller Dörfer des Landes, genau in der Richtung verzeichnet sind, in welcher sie von diesem Stand- punkte aus liegen. Der Zweck dieser Tafel ist, sogleich beim Ausbruch eines Feuers zu wissen, wohin man zum Beistande eilen soll. Nachdem wir mit dem Gouverneur und seiner Familie gespeist hatten, so nahmen wir endlich auf immer Abschied von Glatz, und ka- men noch denselben Abend über Wartha in Fran- kenstein an. Am folgenden Morgen, Donner- stags den 28., machten wir eine Reise von an- derthalb deutschen Meilen um die Festung Sil- berberg zu sehen, die hier für so stark als der Königsstein in Sachsen gehalten wird. Sie wurde von Friedrich dem Zweiten mit unge- heuren Kosten erbaut; und giebt nebst den Festungen Schweidnitz und Glatz, eine starke Vormauer gegen feindliche Einfälle von der Seite von Böhmen ab. Der Commendant, der bereits vom General Favrat von unserer Absicht den Ort zu besuchen, benachrichtigt wor- den war, nahm uns mit der größten Höflichkeit auf, und zeigte uns so viel von der Festung, als das Wetter erlauben wollte, …

 
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Quelle: 23508 I
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Anmerkungen

[A]
… und so freudig man das Jahr 1800 begrüßt hatte, ebenso traurig war am Schlusse desselben der Rückblick auf das durch einen großen Stadtbrand verursachte unsägliche Elend.
Am 20. August nachts um ¾11 Uhr entstand bei dem Weinschenken Franz Schwarzer im Eckhause No. 1 am Ringe aus nicht ermittelter Ursache auf dem Heuboden des Hintergebäudes Feuer, welches bei dem gerade herrschenden heftigen Winde und bei den unzureichenden Löschanstalten so schnell um sich griff, daß dadurch nicht allein beinahe alle Gebäude innerhalb der Stadtmauer eingeäschert wurden, sondern auch noch die Wasserthor-Vorstadt größtenteils ein Raub der Flammen ward. In der Stadt brannten die Dächer der Pfarrkirche, des Glockenturmes, des Pfarrhofes und 118 Häuser (darunter die Glöcknerwohnung, das Mädchenschulhaus und 2 städtische Dienerhäuser) gänzlich nieder. In der genannten Vorstadt wurden 2 Vorwerke und 31 andere Häuser eingeäschert. Der Rathausturm brannte im Innern aus, wobei die große Stadtuhr vernichtet wurde. Die Zahl aller zerstörten Gebäude betrug 154. Der Gesamtschaden wurde auf weit über 200.000 Thaler berechnet.
Der schlesische Minister Hoym verfügte sogleich die Unterstützung der Verunglückten mit Brot aus der Proviantbäckerei zu Glatz, und der gerade in Schlesien weilende edle König Friedrich Wilhelm III. ließ zur Befriedigung der ersten und dringendsten Bedürfnisse 1.000 Thaler aus seiner Privatschatulle unter die Abgebrannten verteilen.
Die Königin Luise schickte 25 Friedrichsd'or. Aus allgemeinen Staatsmitteln bewilligte der König im ganzen 26.000 Thaler. Durch Kollekten in der Provinz kamen etwa 3.000 Thaler ein. Die Staatsbehörden gewährten den Abgebrannten außerdem eine 6jährige Servisfreiheit von der Hausnutzung und eine gleich lange Befreiung vom Kämmereigeschosse. Die Ziegel wurden ihnen zum Selbstkostenpreise, das Bauholz aus den Stadtforsten zu ⅚ gratis geliefert. Zur Wiederherstellung der Kirche und des Pfarrhofes gab der Landesherr als Patron 5.054 Thaler, und die Kirchenkasse trug 1.184 Thaler zum Baue bei. In den Jahren 1801 und 2 erhob sich Habelschwerdt wieder aus der Asche, und so reichlicher Unterstüzungen man sich auch zu erfreuen hatte, so war es doch unausbleiblich, daß die Bürgerschaft recht drückende Schulden kontrahieren mußte. Die Wiederherstellung des Ratsturmes, den man zugleich mit einem Blitzableiter versah, die Beschaffung einer neuen Stadtuhr und der Bau eines neuen Kanzlei- bezw. Dienerhauses kostete gegen 3.000 Thaler. Um die zum Aufbau der Stadt erforderlichen Ziegel in kurzer Zeit herzustellen, kaufte die Kommune der Dorfgemeinde Plomnitz einen Lehm-Acker ab und errichtete darauf die nötigen Gebäude. Diese Ziegelei wurde in der Folge wieder kassiert und der Acker an einen Plomnitzer Besitzer veräußert.
Die im nächsten Jahre beginnende ungewöhnliche Teuerung aller Lebensmittel traf einen großen Teil der Bewohner von Habelschwerdt, der sich von den Folgen des lezten Stadtbrandes noch nicht erholt hatte, überaus hart und vollendete den Ruin manches Handwerkers.
Quelle: „Geschichte der Stadt Habelschwerdt in der Grafschaft Glatz“ von Dr. Franz Volkmer, Habelschwerdt 1897

[B]
Vermutlich war Joseph Knauer (* 1. Dezember 1764 in Rothflössel; † 16. Mai 1844 in Breslau; 1810-1841 Großdechant in Glatz und 1843-1844 Fürstbischof von Breslau) der Geistliche, der John Quincy Adams durch Albendorf führte und der sich im Hinblick auf den Reliquienkult „zu schämen“ schien.
Quelle: P. Emanuel Zimmer, Albendorf, sein Ursprung und seine Geschichte bis zur Gegenwart, Breslau 1898, S. 213 ff

[C]
Anton Alexander Graf von Magnis (* 26. Juli 1751 in Straßnitz, Mähren; † 5. Juni 1817 in Eckersdorf, Kr. Glatz) übernahm nach dem Erlöschen des Mannesstamms der Grafen v. Götzen deren Güter mit dem Hauptgut Eckersdorf. Der Markttendenz zu den feinsten Tuchwollen folgend, verlegte er sich im größtmöglichen Stil auf die Merinozucht. Als Grundstock seiner Zucht kaufte er Herden aus Spanien, Mähren und Ungarn, so daß er mit rund 8.000 Schafen auf seinen Gütern gegen Ende des 18. Jh. als „der größte Schafwirt in Deutschland“ angesehen wurde.
Quelle: Johann Gottfried Elsner, Landwirthschaftliche Reise durch Schlesien, Breslau 1822-1824

[D]
Franz Andreas von Favrat (geboren als: François André de Favrat, Jacquier de Bernay, der Nebentitel vielleicht auch – wie im zeitgenössischen Stich: Jaquin de Bernay, * 4. September 1733 in Bellevaux Savoyen; † 5. September 1804 in Glatz) war ein preußischer General der Infanterie, Gouverneur von Glatz und Ritter des Schwarzen Adlerordens.
Der General verließ Warschau im Februar 1796 und wurde Gouverneur der Festung Glatz. Am 20. April 1801 wurde er zum General der Infanterie ernannt. Er starb dort am 5. September 1804.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Franz_Andreas_von_Favrat

[E]
In der Schlacht bei Hochkirch überfiel am 14. Oktober 1758 die Kaiserliche österreichische Armee unter dem Kommando von Feldmarschall Leopold Joseph Graf Daun in einem Nachtgefecht das preußische Heerlager nahe Bautzen (Hochkirch liegt 10 km östlich der Stadt Bautzen) in Sachsen. Diese Schlacht des Siebenjährigen Krieges ist als zweite persönliche Niederlage Friedrichs des Großen in die Geschichte eingegangen; ihr für Preußen unglücklicher Ausgang wird mit einigem Recht zum großen Teil der mangelnden Vorsicht des Königs bei der Auswahl des Lagerplatzes zugeschrieben.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_bei_Hochkirch

 

 

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© 2024 by Dipl.-Ing. Christian Drescher, Wendeburg
Erste Version vom 04.05.2024, letzte Aktualisierung am 25.05.2024.