Kultur und Geschichte
der Grafschaft Glatz (Schlesien)
Zur Geschichte des Bildungswesens
Die Schulen des Spätmittelalters wurden hier wie überall in deutschen Landen von der Kirche gegründet und waren ganz überwiegend auf deren Anforderungen ausgerichtet. So dienten in den Städten die Lateinschulen des 14. Jh. in erster Linie der Ausbildung des Klerikernachwuchses. Elementarschulen sind in den meisten Städten um 1400 nachgewiesen.
Am Anfang des 16. Jh. kam mit der Reformation der Humanismus auf. Das Bildungsinteresse wuchs. Die kirchlichen Lateinschulen wurden nun vielfach von den Stadträten finanziell unterstützt oder sogar getragen. Bildung befähigte auch zu bürgerlichen Führungspositionen. 1593 schickte sich der Rat der Stadt Glatz an, die längst rein protestantische Pfarr-Lateinschule der (katholischen) Johanniter zum vollwertigen Gymnasium zu entwickeln. Die katholische Lateinschule der Augustiner wurde kaum besucht.
1597 wurde der Jesuitenorden vom Papst mit Billigung des Kaisers beauftragt, die Gegenreformation in der Grafschaft Glatz einzuleiten. Hierzu dienten der Aufbau eines katholischen Bildungswesens, die Errichtung kirchlicher Bruderschaften und die Entwicklung einer neuen Sakralkunst. Die Initiative und die unbeirrbare Tatkraft der Jesuiten haben, wie wir noch sehen werden, das Katholische Gymnasium zu Glatz geschaffen, das bis 1945 einen hervorragenden Ruf in der schlesischen Bildungswelt genoß.
Parallel entwickelten sich in Glatz und in den anderen Städten der Grafschaft in städtischer oder privater Regie Zubringerschulen, die auch Kinder ärmerer und ländlicher Eltern auf den Besuch des Gymnasiums vorbereiteten.
Noch lange nach 1600 wurden die Dorfschulen und die niederen Stadtschulen von erbärmlich bezahlten Kirchendienern wie dem Pfarrschreiber oder dem Küster nebenher betrieben. Sie hatten die Kinder für die Teilnahme am Gottesdienst auszubilden. Schreiben und Lesen waren wenig verbreitete Fertigkeiten: noch 200 Jahre später, am Anfang des 19. Jh., finden wir in dörflichen Urkunden häufig als Unterschriften der meisten Vertragspartner nur drei vom Schulzen bestätigte Kreuze.
Jahrzehnte, nachdem Friedrich II. Schlesien und die Grafschaft Glatz erobert hatte, versuchte der König, dem desolaten Elementarschulwesen zunächst 1763 mit dem General-Landschul-Reglement zu begegnen, das auf die evangelischen Schulen Preußens abgestimmt war und sich in den katholischen Gebieten nicht bewährte.
Durch eine umfassende Reform der katholischen Dorfschulen seiner Grundherrschaft hatte sich der Abt des Saganer Augustinerklosters, Johann Ignaz von Felbiger, einen Namen gemacht. Ihn beauftragte der preußische Schlesien-Minister v. Schlabrendorff 1764, sein System für die ganze Provinz weiterzuentwickeln. 1765 wurde das Königlich-Preußische General-Land-Schul-Reglement für die Römisch-Catholischen in Städten und Dörfern des souverainen Herzogthums Schlesien und der Grafschaft Glatz erlassen. Besonders wichtig ist, daß Felbiger mit seinem Reformweg auch den Aufbau von Lehrerbildungsanstalten verbunden hat. Die günstigen Auswirkungen auf das Elementarschulwesen werden weiter unten zu beschreiben sein wie auch die vielfältigen Widerstände, die dieser Neuerung jahrzehntelang entgegenstanden.
Das Schul-Reglement für die Universität in Breslau und die katholischen Gymnasien in dem Herzogthume Schlesien und der Grafschaft Glatz ward 1775 veröffentlicht. Es erhielt im Jahre 1800 eine Neufassung, wie auch 1801 das Landschulreglement. Bis zum Zweiten Weltkrieg erfolgten noch weitere Reformen des Schul- und Lehrerbildungswesens. Ein Beispiel ist der Ersatz der Lehrerseminare durch Pädagogische Hochschulen und Akademien, der zu einer Verbesserung der Volksschullehrer-Ausbildung und damit der Elementarschulbildung führte.
1. Schulen, die mit dem Abitur abschlossen
Die Entwicklung des Katholischen Gymnasiums zu Glatz
Dem Orden der Hospitaliter oder Johanniter, später Malteser genannt, wird durch Heinrich, Bischof von Prag und Herzog von Böhmen, 1184 die Wenzelskirche und 1194 die Marienkapelle in Glatz verliehen. Letztere ist wahrscheinlich gegen Ende des 13. Jh., zwischen 1275 und 1291, Pfarrkirche der Deutschen geworden. Die Johanniter dürften schon bald eine Lateinschule eingerichtet haben. Der spätere erste Erzbischof von Prag, der 1297 geborene Arnestus von Pardubitz, wird von seinem Vater, dem Burggrafen in Glatz, auf diese Pfarrschule geschickt, die „in großem Ruf und Zulauf“ war - so der Jesuitenrektor Johannes Miller im Jahre 1690 nach dem Bericht des Arnestus über die wunderbare Vision, die er als an dieser Schule Studierender hatte. Das muß also etwa in den Jahren 1305 bis 1310 gewesen sein. Die Schule wird im 14. Jh. mehrfach im heute noch existierenden ältesten Glatzer Stadtbuch (1324-1412) erwähnt.
Arnestus hatte 1350 Kloster und Thumkirche am Schloßberg erbaut und den Augustinerchorherren eingeräumt. Sie wurden aber, um die Rechte der Johanniter zu wahren, verpflichtet, keine Schulen für weltliche Knaben zu halten. Arnestus starb 1364; sein Nachfolger erlaubte schon 1365 den Augustinern, eine Schule und ein mit ihr verbundenes Knabenseminar mit 16 Zöglingen, „tugendhafter Bürger Kinder aus der Stadt“, anzulegen. Das führte zu Konflikten.
1412 bestätigte König Wenzel IV. der Augustinerschule ihre Rechte. Sie durfte nun, durch weitere Stiftungen besser ausgestattet, 24 Schüler erziehen. 1435 mußte der vom apostolischen Legaten beauftragte Abt von Braunau einschreiten, um das Augustinerseminar vor den Johannitern zu schützen. Danach haben wohl beide Lateinschulen friedlich nebeneinander bestanden.
In der Reformationszeit ging schon vor 1561 die Pfarrschule der Johanniter in die Verwaltung des Stadtrates über, der sie zu einer evangelischen, vierklassigen humanistischen Schule umgestaltete; 1565 wurde ein großzügiger Neubau mit 236 Schülern eröffnet. Die Schule sollte zu einem lutherisch-calvinischen Gymnasium ausgebaut werden. Die katholische Lateinschule der Augustiner hatte kaum Bedeutung.
Am Ende des 16. Jh. waren alle Kirchen in Glatz mit Ausnahme der Thumkirche lutherisch. Der Augustinerpropst Kirmiser sah sich 1593 nicht mehr in der Lage, Stift, Thumkirche und Schule länger gegen die Protestanten zu behaupten. Papst Clemens VIII. übergab die Augustinerpropstei mit allen Rechten den Jesuiten. Ihre Hauptaufgabe war die Errichtung eines Gymnasiums. Die Folge waren gewaltsame Proteste der (evangelischen) Stände der Grafschaft, die erst durch scharfe Maßnahmen des Kaisers Rudolph II. beendet wurden.
1597 übernahmen die Jesuiten die Propstei und gründeten ein Kollegium, eine Ordenseinrichtung mit wissenschaftlichem Bildungsauftrag. Sie bauten die von den Augustinern übernommene Lateinschule zu einem Gymnasium aus, einer sechklassigen gelehrten Schule; 1613 wurde die oberste, die sechste Klasse eröffnet. Die Einheimischen nahmen die Schule nicht recht an, sie hatte deshalb zunächst überwiegend auswärtige Schüler „aus Böhmen, Polen, Ungarn etc.“. 1614 wurde, um diese dem Einfluß vor allem ihrer (evangelischen) Wohnungswirte zu entziehen, ein Haus in der Nähe des Kollegiums erworben und darin ein „Seminar“, ein Schülerwohnheim, eingerichtet. 1616 bezog das Gymnasium ein neues Gebäude auf dem Schloßberg, da die Räume der alten Klosterschule zu eng geworden waren. 1617 war das Seminar oder Konvikt von 32 Zöglingen bewohnt.
1618 brach die „Böhmische Rebellion“ aus, der 30jährige Krieg begann. Die Jesuiten mußten Böhmen und damit auch die Grafschaft Glatz „auf ewig verlassen“. Thumkirche, Kollegium und Seminar wurden ausgeplündert und verwüstet.
1624 war Glatz wieder in kaiserlichem Besitz; die Jesuiten kehrten zurück. Ihre eigenen Gebäude existierten nicht mehr. Sie übernahmen die Stadtpfarrkirche, bezogen das Schulhaus der Malteser und nahmen dort den Schulbetrieb wieder auf. 1625 hatten sie schon wieder 300 Schüler. 1627 war das Gymnasium mit sechs Klassen wieder vollständig; in einem Haus gegenüber dem Gymnasium wurde ein kleines Konvikt eingerichtet, in dem die Schüler wohnten.
1626 ging die Malteserkommende samt allen ihren Gütern und Rechten an die Jesuiten über. 1628 wurde dem Seminar das Gut Mittelsteine testamentarisch vermacht. Seine Erträge sollten zum Unterhalt einiger Schüler dienen. Mit zwei anderen großen Fundationen wurde es zu einer neuen Stiftung zusammengefaßt, die man nun als Pia causa bezeichnete; Kaiser Ferdinand III. bestätigte ihr Statut 1649. Weitere Güter und Fundationen erhielt das Seminar in den folgenden Jahrzehnten.
Der Schulbetrieb wurde im 30jährigen Krieg immer wieder durch Verheerungen, die schwedische wie kaiserliche Truppen anrichteten, und durch die Pest unterbrochen.
1656 wurde der Grundstein für den Neubau des Kollegiums und Seminars bei der Stadtpfarrkirche gelegt. Der Bau war freilich erst 1690 vollendet; er beherbergt auch heute, zu polnischer Zeit, die Jesuiten und das Gymnasium.
In den Jahren bis 1706 kamen in unmittelbarer Nähe fünf Häuser hinzu, die für das Seminar um- oder erbaut wurden. 1754 erhielt das Konviktgebäude seine endgültige Gestalt. Heute ist es das Muzeum Ziemi K_odzkiej, das polnische „Museum des Glatzer Landes“.
Die drei Schlesischen Kriege trafen das Jesuiten-Gymnasium hart. Zwar hatte König Friedrich II. nach der Einnahme von Glatz dem Kollegium alle Rechte und Privilegien bestätigt; die Güter mußten aber hohe Kriegskontributionen und andere Zwangsabgaben zahlen. Zeitweise wurde die Schule für Einquartierungen und als Lazarett verwendet. 1755 wurden die Jesuitenkollegien Schlesiens und der Grafschaft Glatz von der böhmischen Ordensprovinz getrennt und in einer eigenen neuen Provinz zusammengefaßt. 1757 mußten die Jesuiten, wie schon oben berichtet, nach starken Beeinträchtigungen von preußischer Seite Glatz erneut verlassen. Sie kehrten 1761 zurück, als die Stadt vorübergehend wieder in kaiserlichen Händen war, übernahmen 1763 Gymnasium und Konvikt und leisteten dem preußischen König den Treueid.
Papst Clemens XIV. hob 1773 den Jesuitenorden auf. Friedrich II. schätzte jedoch inzwischen die Bildungsarbeit der Patres so sehr, daß er die Veröffentlichung dieser Verfügung in den Ländern Preußens verbot. Er stimmte erst 1776 der Auflösung auch in Preußen zu, lud aber die Patres ein, als Priester in dem von ihm neugegründeten „Königlichen Schulen-Institut“ ihre Arbeit fortzuführen. Sie leiteten weiterhin Gymnasium und Konvikt, die nun königlich waren.
Sämtliche Besitzungen des Seminars und Kollegs kamen 1787 zum Verkauf, das erlöste Kapital unter staatliche Verwaltung. Die Erträge waren dem Konvikt in Glatz vorbehalten.
1800 wurde das Königliche Schuleninstitut als geistliche Einrichtung aufgehoben, die Mitglieder wurden zu Staatsdienern unter einer zentralen Schuldirektion. 1897, Im Jahr des 300jährigen Jubiläums, unterrichteten außer dem Rektor elf Professoren und Oberlehrer, drei wissenschaftliche Hilfslehrer sowie zwei evangelische Religionslehrer und ein technischer Lehrer 76 Konviktoristen in zwölf Klassen.
1927 hatte das Staatliche Katholische Gymnasium Glatz 505 Schüler, 24 Lehrkräfte und 17 Klassen. 1928 wurde das Gymnasialgebäude umfassend modernisiert, 1932 an der Westseite der Laubengang eingebaut.
Nach einer weiteren Schulreform bestand das Gymnasium Glatz 1937 im Hauptzweig aus einer Oberschule für Jungen, im Nebenzweig aus einem humanistischen Gymnasium und dem Konvikt. 1938 erfolgte die Umbenennung in „Graf-Götzen-Schule“.
1942 hatte sie 17 Klassen mit 396 Schülern. Davon waren 253 Oberschüler und 143 Gymnasiasten. Diese Zahlen finden wir in den Nachrichten von der Graf-Götzen-Schule, einem ab 1941 erscheinenden, erschütternden Dokument des Todeskampfes dieser ehrwürdigen Anstalt. 1943 sind es 466 Schüler sowie über 70 Jungen aus „luftgefährdeten“, also dem Bombenkrieg ausgesetzten Gebieten. Sonst wird nur noch von den Gefallenen, von Kriegsauszeichnungen und Fronterlebnissen der Absolventen, von den Ergebnissen des Knochen-, Lumpen-, Altpapier- und Schrottsammeleinsatzes, von Erntehilfe der unteren Klassen und Einsätzen der oberen Klassen als Luftwaffenhelfer berichtet.
Im April 1944 stellte unter dem letzten Leiter der Schule, Oberstudiendirektor Dr. Alois Nentwig, diese Zeitschrift ihr Erscheinen ein. In ihren Jahrgängen 1942 bis April 1944 sind 128 „Ehemalige“ namentlich als Gefallene genannt.
Am 22. Januar 1945 hörte der Unterricht auf. Das Gymnasium Glatz mit seinem Konvikt bestand nicht mehr. 348 Jahre nach der Gründung ist diese ehrwürdige deutsche Bildungsstätte untergegangen.
Das Katholische Oberlyzeum „Theresianum“ zu Glatz
1855 übernahmen die Armen Schulschwestern von Unserer Lieben Frau die Mädchenschule in Glatz. Sie fügten 1858 eine höhere private Töchterschule hinzu. Während des Kulturkampfes wurde 1872 die Mädchenschule und 1878 auch die Töchterschule den Schwestern entzogen. Beide kamen unter weltliche Leitung.
Erst 1909 konnte die höhere Mädchenschule wieder von dem Orden übernommen werden und in ein geräumiges Haus einziehen. Ein Internat war angegliedert. Die Anstalt wurde 1914 als Lyzeum staatlich anerkannt. 1925 begann mit Errichtung der Obersekunda die Entwicklung zum Oberlyzeum. Nach der Stifterin der Kongregation, Maria Theresia v. Jesu Gerhardinger, erhielt die Schule 1926 den Namen Theresianum. Die Anstalt hatte zu dieser Zeit 360 Schülerinnen. 1928 fand die erste Abiturprüfung statt.
In den oberen Klassen unterrichtete das Theresianum auch nichtkatholische Schülerinnen.
1939 wurde die Schule, wie alle Privatschulen, durch die nationalsozialistischen Machthaber geschlossen, der Besitz enteignet.
Die Staatliche Aufbauschule zu Habelschwerdt
Nach einer Neuordnung der Lehrerausbildung im Deutschen Reich wurde das Lehrerseminar in Habelschwerdt geschlossen. Der Abbau dauerte von 1922 bis 1925.
Parallel dazu begann im Gebäude des Seminars die Entwicklung einer höheren Lehranstalt für Jungen und Mädchen, einer Oberschule in Aufbauform. 1927 hatte sie 135 Schüler und 15 Schülerinnen. 1928 wurde sie nach dem Reformer Staatliche Felbiger-Schule benannt. Sie setzte einen siebenjährigen Volksschulbesuch und das Bestehen einer Begabungsprüfung voraus und führte in sechs Jahren zur Reifeprüfung. Die ersten Abiturienten verließen 1928 die Schule, die nun anerkannte Vollanstalt war. 1936 erhielt sie in Anwesenheit des Dichters den neuen Namen Hermann-Stehr-Schule. Ihr letzter Leiter war von 1932 bis 1944 Oberstudiendirektor Felix Taubitz. Die Schule hat in den 22 Jahren ihres Bestehens ungefähr 700 Schüler unterrichtet und 16 Jahrgänge zum Abitur geführt, den letzten 1943. Die älteren Schülerinnen und Schüler wurden nun zum Reicharbeitsdienst befohlen oder als
Luftwaffen- und Flakhelfer eingesetzt.
Am 1. September 1944, genau fünf Jahre nach Kriegsbeginn, wurde die Schule geschlossen. Lehrer und Schüler wurden beim „Unternehmen Barthold“ zum „Schanzen“, also zum Bau von Verteidigungsstellungen gegen die heranrückende Rote Armee eingesetzt. Auch diese Schule war nun untergegangen. Viele ihrer Lehrer und Schüler sind im Kriege gefallen.
Die Städtische Oberschule zu Neurode
1860 entstand in Neurode eine private Fortbildungsschule. Sie hielt sich keine vier Jahre. 1864 wurde eine neue Privatschule eröffnet, die die Schüler für die Quarta eines humanistischen Gymnasiums vorbereitete. 1889 bot sie Gymnasial- und Realschulunterricht. 1884 bestand hier auch eine Private Höhere Mädchenschule. 1899 waren beide zur Höheren Knaben- und Mädchenschule vereint, der Unterricht erfolgte aber getrennt. 1922 übernahm die Stadt die Anstalt, die nun einen gymnasialen und einen realen Zweig mit gemeinsamem Unterricht für Mädchen und Jungen und den Status eines Städtischen Progymnasium nebst Realschule in Entwicklung erhielt. 1924 hatte es 220 Schüler.
Im Jahre 1927 erfolgte die staatliche Anerkennung, und die erste Prüfung, die zum Übergang auf weiterführende Schulen berechtigte, wurde abgehalten. Aufgrund finanzieller und politischer Schwierigkeiten wollte die Stadtverwaltung 1932 die Schule klassenweise abbauen. Man formte sie dann aber in ein Progymnasium mit Ersatzunterricht um. 1936 wurde ihr Ausbau zu einer sogenannten Deutschen Oberschule als Vollanstalt unter gleichzeitigem Abbau des Progymnasiums schrittweise begonnen.
Die typischen kriegsbedingten Schwierigkeiten - Ausfall von Lehrkräften durch Kriegseinsatz, häufiger Wechsel von Lehrkräften, Benutzung von Schulräumen als Lazarett - behinderten den Schulbetrieb stark. Trotzdem ging der Aufbau weiter. 1944 führte die Schule ihre erste und letzte Reifeprüfung durch. Im Januar 1945 wurde sie geschlossen.
2. Die Zubringer- und Mittelschulen
Die Zubringerschulen ermöglichten einen Übergang auf die im vorigen Abschnitt beschriebenen Schulen mit dem Ziel der Reifeprüfung.
Die Evangelische Höhere Mädchenschule zu Glatz, ein privates Lyzeum, wurde 1855 gegründet und unterrichtete bis einschließlich Untersekunda. Sie wurde später auch für Jungen geöffnet. Der Ausbau zum Oberlyzeum gelang mangels finanzieller Mittel nicht, aber ihr Abschluß berechtigte zum Übergang auf die Vollanstalten. Unter dem NS-Regime wurde sie 1939 in eine städtische Mädchen-Mittelschule umgewandelt.
Die Städtische Höhere Knabenschule zu Habelschwerdt wurde 1865 durch den Kaplan Dr. Edmund Scholz, den späteren Großdechanten, gegründet. Unter seiner Leitung unterrichtete sie nach dem Gymnasiallehrplan. In Verbindung mit dem Glatzer Gymnasium führte sie in vier Klassen zur Reife für die Obertertia und existierte bis 1928.
Die Katholische Höhere Mädchenschule zu Habelschwerdt wurde 1904 durch den Stadtpfarrer, Großdechant Dr. Wilhelm Hohaus, eröffnet. Sie stand unter der Leitung der Armen Schulschwestern von U. L. Frau. 1929 hatte die zehnklassige Anstalt acht Lehrkräfte und 210 Schülerinnen. Sie wurde später Mädchenmittelschule mit angegliederter Hausfrauenschule.
Die Präfektenschule zu Landeck wurde 1865 als städtische Schule gegründet. Sie wurde durch einen katholischen geistlichen Präfekten geleitet und hatte die Aufgabe, aus der Elementarschule entlassene Knaben „für das Gymnasium vor- oder anderweitig auszubilden“. Sie arbeitete von 1873 an nach den Lehrplänen einer Mittelschule und bestand bis 1882.
Die Höhere Knaben- und Mädchenschule zu Landeck soll um 1890 als Familienstiftung gegründet worden sein; verläßliche Quellen hierzu fehlen. Ausbildungsziel war die Reife für Obertertia. Für künftige Gymnasialschüler gab es Lateinkurse. Die Anstalt war paritätisch, nahm also Schüler beider Konfessionen auf. 1928 hatte sie 91 Zöglinge. Später wurde sie in eine Mittelschule umgewandelt (wahrscheinlich 1939).
Die privaten Höheren Knaben- und Mädchenschulen in Reinerz und Sackisch waren paritätisch und bildeten ihre Schüler für die Aufnahme in die Obertertia weiterführender Schulen aus. Die Reinerzer Schule entstand 1904, die in Sackisch 1917 und die private Gehobene Katholische Familienschule Mittelwalde 1911.
Die meisten der im zweiten Abschnitt genannten höheren Schulen boten auch den Mittelschulabschluß, die „mittlere Reife“, nach zehn Schuljahren an. Die Städtische Knaben-Mittelschule in Glatz wurde 1914 eröffnet. 1930 hatte sie 205 Schüler.
3. Die Elementarschulen
Die Existenz von Pfarrschulen in den Städten der Grafschaft ist, wie auch sonst in deutschen Landen, für das späte Mittelalter nur in wenigen Fällen indirekt nachgewiesen durch die Erwähnung von Schulgebäuden und Stiftungen bzw. Vermächtnissen zugunsten armer Schüler oder zur Versorgung von Schulmeistern, so 1373 und 1431 in Wünschelburg, 1382 und 1401 in Glatz, 1399 bis 1421 in Habelschwerdt, 1412 und 1424 in Neurode. Im 16. Jh. finden wir Stadtschulen auch in Reinerz (1564, 1575) und Mittelwalde (1598), in Lewin 1618.
Hauptzweck dieser Schulen war die religiöse Unterrichtung der Kinder und die Verbesserung des Gottesdienstes durch Gesangsunterricht. Schulpflicht war unbekannt.
Über dörfliche Schulen vor 1600 wissen wir mit Ausnahme von Rengersdorf (Herzig S. 48) nichts; erst danach finden wir Hinweise. Franz Volkmer gibt in seiner 1886 veröffentlichen Arbeit „Die Volksschullehrer der Grafschaft Glatz vor 250 Jahren“, also für die Zeit um 1630, 35 dörfliche Schulen an. Die Knaben wurden lediglich im Winter und unregelmäßig unterrichtet.
Die Habelschwerdter Stadtschule nahm am Beginn des 17. Jh. einen bedeutenden Aufschwung (Volkmer S. 41), der sicher den dort lehrenden Humanisten zu danken war (Herzig S. 199). Dort gab es 1604 auch eine „Mägdleinschule“. Im Glatzer Dekanatsarchiv gibt es nur drei Schulakten (von 412), deren Beginn vor der preußischen Zeit datiert.
Das Elementarschulwesen war zum Ende der habsburgischen Zeit in Schlesien und der Grafschaft Glatz wie in den anderen Ländern der Krone unbefriedigend. Nach Beendigung der Schlesischen Kriege machte es Friedrich II. zu seinem persönlichen Anliegen, in der neuen preußischen Provinz Schlesien grundlegende Verbesserungen im Schulwesen zu schaffen. Auf die Felbigersche Reform der Elementarschulen und der Lehrerausbildung wurde schon oben hingewiesen.
Erst in der zweiten Hälfte des 18. Jh. finden wir im Glatzer Dekanatsarchiv eine große Zahl von Akten zum Schulwesen, das ja zumindest in den Dörfern ausschließlich in der Hand der Kirche war. 1763 erging ein Befehl des Königs an den Dechanten der Grafschaft, Exner, ausführlich über die Dorfschulen zu berichten. Der Herrscher monierte, daß es in verschiedenen Orten anscheinend keine Schule gab: in einer zuvor eingesandten Liste fehlen 105 Dörfer. Da die Angelegenheit nur schleppend voranging, wurde der Druck seitens der zuständigen Königlich Preußischen Kriegs- und Domänenkammer in Breslau immer stärker.
Die Widerstände waren vielfältig: die Grundherren wollten ihre billigen Arbeitskräfte behalten; die Eltern brauchten die Löhne ihrer Kinder, sollten aber statt dessen Schulgeld zahlen. Die Pfarrer sahen sich vor beträchtlichen Problemen mit der Finanzierung, mit dem Fehlen von Lehrern, mit der Organisation und Durchsetzung geregelten Unterrichts. 1765 erhielt Felbigers Reform Gesetzeskraft mit Schulpflicht, obligatorischen Unterrichtsstoffen, Lehrbüchern und -methoden, einer staatlich kontrollierten Schulaufsicht, dem Beginn einer geregelten Lehrerausbildung und dem Aufbau entsprechender Seminare in Schlesien und der Grafschaft Glatz; die Anstalt in Habelschwerdt wurde 1766 eröffnet.
1769 erhielt der Landrat einen scharfen Verweis des Ministers v. Schlabrendorff „auf der Kön. Maj. allergnädigsten Special-Befehl“, weil noch nichts wegen der Abstellung der vom Dechanten Winter und den Schulinspektoren angezeigten Mängel getan worden war. Der Landrat wurde persönlich verantwortlich gemacht und erhielt Befehl, die geforderten Nachweisungen binnen 14 Tagen einzureichen. Zwei Monate später finden wir einen neuen Landrat vor. - Im Oktober 1769 erging ein königlicher Befehl unter Strafandrohung an die Grundherrschaften, Lehrer und Vormünder, die Schulpflicht durchzusetzen. Die Schulmeister mußten monatlich Abwesenheitslisten einreichen.
Aber die Widerstände waren immer noch groß. 95 Jahre später, 1864, schrieb der Großdechant Anton Ludwig an den Landrat v. Hochberg: „Den meisten Dorfbewohnern dauert der Schulbesuch bis zum 14. Jahre ohnehin schon zu lange Zeit; die Anforderungen in der Schule, meinen sie, seien übertrieben; auch verschulde es die langjährige Beschäftigung mit den Tändeleien der Schule, daß die Kinder jetzt schwerer als früher auf die Arbeiten ihres Berufes sich gewöhnten“.
1870 gab es in der Grafschaft Glatz 123 Elementarschulen, darunter sechs Mädchenschulen.
4. Das Katholische Schullehrer-Seminar und die Präparandien
Am 24. Juni 1766 wurde endlich nach vielen Verzögerungen das Seminar in Habelschwerdt eröffnet. Außer dem Direktor unterrichteten drei Dozenten. Im ersten Jahr wurden auch ungefähr 100 bereits tätige Lehrer nachgeschult.
Durch Weggang der besten Lehrkräfte nach anderen Orten entwickelte sich das Seminar ungünstig. 1776 verlegte man es nach Glatz.
1807 erreichte der Seminardirektor Liebich wegen der befürchteten Belagerung von Glatz durch die Truppen Napoleons eine Verlegung des Seminars nach Neuneißbach, einem kleinen Dorf an der südlichen Grenze der Grafschaft. Diese Verlagerung dauerte nur wenige Monate, ebenso die erneute Arbeit in Glatz. Ende 1808 konnte Liebich, seinem Wunsche entsprechend, mit dem Seminar nach Schlegel umziehen. 1811 war dort ein Neubau fertiggestellt. Liebich bestritt die Kosten zum größten Teil aus seinem ererbten Vermögen.
1832 hatten die Behörden allen Seminaristen der Provinz eine zusätzliche Ausbildung in Breslau verordnet und Liebich die schon knappen Zuschüsse gestrichen. Im selben Jahr wurde das Schlegeler Seminar geschlossen.
35 Jahre später war der Lehrermangel wieder sehr fühlbar geworden. Die Regierung verfügte die Neueinrichtung des Seminars in Habelschwerdt, das 1871 eröffnet wurde und 1880 einen modernen Neubau bezog. Bis zur Neuordnung der Lehrerausbildung nach dem Ersten Weltkrieg erhielten hier die jungen Lehrer der Grafschaft ihre Ausbildung. 1925 verließen die letzten Zöglinge die Anstalt. Das Gebäude beherbergte nun die im Jahre 1922 neu entstandene Aufbauschule.
1866 kritisierte die Breslauer Provinzialregierung in einem Schreiben an den Großdechanten Ludwig die unbefriedigende Vorbildung der katholischen Präparanden, die in das Lehrerseminar eintraten. Das führte zur Einrichtung von „Präparandenanstalten“. Ihre Aufgabe war es, Jungen im Alter von vierzehn Jahren aufzunehmen und in einer dreijährigen Ausbildung zum Eintritt in das Lehrerseminar hinzuführen.
1874 wurde die Königliche Präparanden-Anstalt zu Landeck eröffnet. Sie bestand bis 1922. Eine 1876 in Neurode gegründete Präparandie bestand nur bis 1880, da ihr die nötigen finanziellen Mittel fehlten.
5. Berufs- und Fachschulen
In Glatz existierte die Landwirtschaftsschule, die einjährige Höhere Handelsschule, die zweijährige Handelsschule, die Haushaltungsschule, die Kaufmännische Privatschule Jung und die Heeresfachschule.
In Habelschwerdt: die Kaufmännische und Gewerbliche Berufsschule, in Landeck die Gewerbliche Fortbildungsschule, in Mittelwalde die Gewerbliche und Kaufmännische Berufsschule.
In Neurode: die Knaben-Handarbeitsschule, die Haushaltungs- und Gewerbeschule für Mädchen, die Staatliche Weberei-Lehrwerkstätte, die Staatliche Stickschule, die Gewerbliche Fortbildungssschule, die Kaufmännische Fortbildungsschule und die Städtische Berufsschule.
In Wünschelburg sind die Stickschule und die gewerbliche Berufsschule zu nennen.
1897 wurden noch Stickschulen in Neurode, Habelschwerdt, Mittelwalde, Reinerz und Lewin gegründet.
6. Kirchliche Ordensschulen
Die Franziskaner betrieben in Glatz das Philosophie-Studium. Bereits 1248, vielleicht schon 1225 waren die Minoriten nach Glatz gekommen, später, zur Zeit Heinrichs des Älteren von Podiebrad, auch die Franziskaner. Zur Zeit der Säkularisation (1811) wurden beide Orden vertrieben. Die Franziskaner kehrten 1915 zurück. Sie kauften 1927 Kirche und Gebäude der Minoriten und richten dort im Jahre 1933 das philosophische Studium ihres Nachwuchses ein, das vorher in Breslau beheimatet war. 1946 wurden die letzten deutschen Franziskaner ausgewiesen. Danach bildeten bis 1996 polnische Franziskaner in Glatz in einem modernen Neubau im Klosterbereich ihren Ordensnachwuchs aus.
In Falkenhain hatte die Genossenschaft von den Heiligsten Herzen Jesu und Mariae 1928 ihre Missionsschule Christus Rex eröffnet. Der Schulbetrieb wurde 1939 von der NS-Regierung verboten.1945 wurden die deutschen Priester von den polnischen Behörden ausgewiesen. Heute bilden die Patres von Christus Rex dort ihre polnischen Missionare aus.
1929 eröffneten die Missionare von der Heiligen Familie ein Missionhaus in Bad Langenau und 1930 ein zweites auf der Burg Waldstein. 24 Patres, 36 Scholastiker und 31 Laienbrüder unterhielten dort eine Missionsschule, die bis zu ihrer erzwungenen Schließung im Jahre 1940 etwa 900 Schüler ausgebildet hat; ihre Räume wurden nun Reservelazarett. Heute betreibt die Kongregation in Falkenhain eine neue, polnische Missionsschule und eine moderne Kirche.
Dieter Pohl/Werner Taubitz
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