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Kultur und Geschichte
der Grafschaft Glatz (Schlesien)

Kunst

Eine Reise durch die Grafschaft Glatz heute, am Ende des 20. Jh., zeigt uns auch fünfzig Jahre, nachdem die Grafschafter ihre Heimat verlassen mußten, fast unverändert den Gegenstand unserer Betrachtungen: noch immer ist sichtbar, daß die Grafschaft Glatz ein vom Barock geprägtes Land ist und daß die sakralen Kunstwerke den ersten Platz in ihrer Kunstgeschichte einnehmen.
Man könnte von einer „Sakrallandschaft“ (Conrads) sprechen, da im Barock auch die Landschaft in die künstlerische Gestaltung mit einbezogen wurde: Kirchen und Wallfahrtsstätten wurden an markanten Plätzen errichtet, zu denen Bildstöcke und Kreuzwegstationen den Weg weisen. Albendorf mit seiner prachtvollen Basilika auf der einen Seite des Tales und dem Kalvarienberg gegenüber kann man als ein solch barockes „Gesamtkunstwerk“ bezeichnen, wie auch die von den Jesuiten in Niederschwedeldorf am Ufer der Weistritz erbaute Annakapelle mit der Beichtstätte, der Magdalenenkapelle. Die kleine Kirche Maria Schnee ist ein weithin sichtbarer Wallfahrtsort im Gebirge.
Für die Grafschaft ist bezeichnend, daß sich die einheimische Bevölkerung - von wenigen großen Meistern abgesehen - ihre Kunstwerke aus eigenem Empfinden heraus für ihre Bedürfnisse geschaffen hat. Bisher unbekannt gebliebene Meister haben die Mehrzahl der Kunstwerke in den Kirchen und Kapellen, die Mariensäulen und Pestsäulen und die vielen Bildstöcke an den Wegrändern gestaltet. Auch heute noch fühlen wir in den alten Dorfkirchen und den prächtigen Gotteshäusern der Städte, daß sie das geistige Zuhause ihrer Gläubigen waren.
Die Grafschaft Glatz gehörte, wie auch Schlesien, von 1325 bis nach 1740 als Nebenland zur Wenzelskrone. Die Grundlinien der künstlerischen Entwicklung dürften für beide Gebiete die gleichen sein, jedoch ist bei der Grafschaft Glatz die geographische Nähe zu Böhmen zu berücksichtigen sowie die Tatsache, daß sie kirchlich bis 1972 zur Erzdiözese Prag gehörte. Drei geschichtliche Phasen haben ihre Einflüsse hinterlassen: die Zeit der Luxemburger von 1325 bis in die erste Hälfte des 15. Jh. mit der Reichshauptstadt Prag, die Zeit der Habsburger mit Wien und die preußische Zeit.
Aus der Anfangszeit der deutschen Besiedlung, dem 13. Jh., ist wenig erhalten, was Rückschlüsse auf die Kultur dieser Zeit erlaubt. Die Bauten bestanden zum größten Teil aus Holz und waren daher samt ihrem Inhalt der Vernichtung durch Feuer und kriegerische Ereignisse besonders preisgegeben. Die gotische Form wurde im Kirchenbau vielfach noch bis zum Anfang des 17. Jh. erhalten, dann aber durch Um- und Ausbau während der Barockzeit oft vollständig verändert. Von besonderer Bedeutung für die kulturelle Entwicklung der Grafschaft ist, daß zur Blütezeit des deutschen Mittelalters, am Anfang des 14. Jh., Ernst oder Arnestus von Pardubitz (1297-1364), der spätere erste Prager Erzbischof und enge Vertraute von Kaiser Karl IV., in der Schule der Glatzer Johanniter erzogen wurde. Er liegt dort in ihrer spätgotischen Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt (begonnen 1364) begraben. Der Einfluß der Prager Dombauhütte unter Peter Parler ist sowohl an seinem ursprünglichen Grabmal als auch an der Kirche selbst und dem Chorabschluß der Pfarrkirche in Habelschwerdt nachzuweisen.

Glatzer Madonna

Die Grafschaft Glatz wird auch als Marienland bezeichnet. In der Gotik entstand eine Reihe bekannter Madonnen. Die berühmteste ist wohl die Gnadenmadonna in der Basilika von Albendorf. Die schönsten Madonnen finden wir in Altwilmsdorf (15. Jh.?), in Glatz die Gnadenmadonna und die Madonna mit dem Spatz, in Oberlangenau (1420-1430), in Oberschwedeldorf (14. Jh.) und in Schlegel: Joseph Wittig vermutet, daß diese Madonna aus der Zeit vor 1300 die „Mirakelmadonna“ des Arnestus ist. Die beiden Glatzer Madonnen aus dem 14. Jh. zeigen den Einfluß der höfischen Kunst Prags. Zwei berühmte Madonnen haben die Grafschaft verlassen: das Tafelbild der Glatzer Gelöbnismadonna aus dem Hochaltar der früheren Thumkirche (14. Jh., Meister der Hohenfurther Schule) befindet sich heute in Berlin-Dahlem in der Gemäldegalerie der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die aus der gleichen Zeit stammende Rengersdorfer Löwenmadonna im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg. Die Mittelstücke der gotischen Klappaltäre in Niederschwedeldorf und in Niedersteine, die heilige Sippe darstellend, waren uns an ihren Ursprungsorten erhalten geblieben; ersteres ist seit 1998 spurlos verschwunden.
Im 16. Jh. erfaßte die Reformation die gesamte Grafschaft. Der Humanismus stärkte das Selbstbewußtsein des aufstrebenden Bürgertums. Das dokumentiert vor allem der Renaissance-Baustil in prunkvollen Portalen der Bürgerhäuser (Glatz, Wünschelburg) und in Epitaphien. Rathäuser entstanden in Habelschwerdt (1541), Glatz (1549), Reinerz (1584) und Wünschelburg (1609); nur das letztere blieb erhalten. Das hervorragendste Zeugnis der Renaissance in der Grafschaft Glatz ist jedoch das Schloß Grafenort, das ebenso wie das benachbarte Schlößchen Ratschin (beide erbaut Mitte des 16. Jh.) noch lange die typischen Sgraffiten an den Außenwänden bewahrte. Weitere Schlösser entstanden in dieser Epoche, die jedoch, außer Niederrathen (1563) und Scharfeneck (1590), durch spätere Umbauten ihren Renaissance-Charakter verloren. Eine Besonderheit findet sich noch in dem barocken Holzkirchlein in Spätenwalde: ein Renaissance-Hochaltar, der vermutlich aus Habelschwerdt hierher gelangt ist.
Mit der Gegenreformation kamen 1597 die Jesuiten nach Glatz und begannen die Rekatholisierung der Grafschaft. Ihre Aufgabe wurde durch die geistigen Grundlagen des aufkommenden Barock sehr unterstützt: Gott kann nicht allein durch den Intellekt erfahren werden; die Überwältigung von Auge und Sinnen des Gläubigen weckt die seelischen Kräfte in ihm, die ihn auf den Weg zu Gott führen. Dieser Gedanke ist es, der die Menschen in der Grafschaft nach langem Zögern ergriff, dann aber nicht mehr losließ. Die Grafschaft wurde zum Herrgottswinkel. Die mittelalterlichen Kirchen erhielten neue Altäre, Kanzeln und Chorgestühle. Die Jesuiten entfalteten eine rege Bautätigkeit und wurden damit zum Wegbereiter des Barock in ganz Schlesien. In Glatz entstand in den Jahren 1655-1689 nach Plänen Carlo Luraghos in Anlehnung an das Prager Clementinum das Kollegiengebäude. Die gotische Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt wurde 1673 von Andrea Carova barock umgestaltet und 1716 von Michael Klahr dem Älteren (1693-1742), über den weiter unten zu berichten ist, großartig ausgestattet. Den Hochaltar schuf der Jesuit und Pozzo-Schüler Christof Tausch in den Jahren 1727-1729.

Minoritenkloster Glatz

Eine weitere Barockanlage in Glatz ist das 1678-1732 erbaute Minoritenkloster mit der Klosterkirche Mariä Geburt, 1699-1711 entstanden. Der Speisesaal des Klosters zeigt das berühmte Deckengemälde, in ungewöhnlicher Perspektive die drei Orden des hl. Franziskus darstellend. Es wurde 1744 von Felix Anton Scheffler gemalt.
Andrea Carova baute 1659 die 1884 abgebrannte Pfarrkirche in Neurode, Jakob Carova die Kirchen in Wölfelsdorf (1697-1701), Neundorf (1702 begonnen), Grafenort (1676) und Altlomnitz oder erstellte die Baupläne. Die große Pfarrkirche in Schönfeld schuf der damalige Pfarrer Anton Josef Lengsfeld nach eigenen Grundrissen und weitgehend aus eigenen Mitteln (1720-1726); sein Vorbild war offensichtlich die Wölfelsdorfer Kirche. Somit geht auch die Schönfelder Kirche auf Jakob Carova zurück. Pfarrer Lengsfeld hatte auch den Umbau der Lauterbacher Kirche (1711-1717) nach eigenen Plänen durchgesetzt.
Eine Besonderheit Grafschafter Kirchen stellen die Schiffskanzeln in Eckersdorf (1732), Mittelwalde und Volpersdorf (1780) dar. Diese Idee kam aus dem bayerisch-süddeutschen Raum; die Walfischkanzel in Reinerz (1710-1730) entstand nach böhmischen Vorbildern.
Überall wurden Pestkapellen und Pestsäulen mit dem Pestheiligen Franz Xaver errichtet, die uns heute noch Kunde geben von der furchtbaren Bedrohung durch diese Seuche. Die Stadt Wünschelburg starb 1633 bis auf 30 Bewohner aus. St. Johannes von Nepomuk ziert manche Brücke. Von den vielen Mariensäulen aus dieser Zeit seien nur einige genannt: die in Glatz auf dem Ring, 1680-81 von dem Glatzer Bildhauer Hans Adam Beyerhoff im Auftrag des Jesuitenrektors Georg Klein nach dem Vorbild der Mariensäule auf dem Prager Altstädter Ring angefertigt - der Glatzer Schlosser Johannes Scholtz schuf die schmiedeeiserne Tür der Umgrenzung, die von hohem künstlerischem Niveau zeugt (heute im Museum Glatz); die in Wünschelburg auf dem Ring (1680) und die in Reinerz (1725).
Eine herausragende Rolle für die künstlerische Entwicklung der Grafschaft Glatz im Barock spielt die Bildhauerfamilie Klahr. Michael Klahr der Ältere (1693-1742), in Bielendorf geboren, war Schüler des Jesuitenkollegiums gewesen. Seine Lehrer erkannten sein Talent frühzeitig und förderten es. Man wird annehmen dürfen, daß der Gedankenaustausch mit seinen geistlichen Auftraggebern seine besten Werke hervorbrachte. In ihm, dem Begründer einer großen Bildhauerwerkstatt in Landeck, kann man einen Künstler von internationalem Rang sehen; sein Wirken blieb freilich auf die Grafschaft Glatz beschränkt.

Glatzer Stadtpfarrkirche

Viele seiner Werke, die in einem Verzeichnis von 1931 aufgezählt wurden, sind heute nicht mehr aufzufinden. Es sind noch vorhanden: in Glatz (Kirche Mariä Himmelfahrt) die Kanzel (1717), der Orgelprospekt (1722-24), vier Beichtstühle, zwei Engel zu Seiten der „Madonna mit dem Spatz“ (um 1725), der Altar Mariä Himmelfahrt (um 1725), der Erzengel Michael (1720) und im Museum des Glatzer Landes drei Putti (1722-24); in Wilhelmsthal (Josefskirche) die Figurengruppe hl. Josef, Barbara und Johannes Nepomuk (1727); in Habelschwerdt (Florianskapelle) der Hochaltar, die Figuren Johannes des Täufers und des hl. Johannes Nepomuk (alle um 1727) und der Altar der Maria im Rosenkranz (vor 1733); in Ebersdorf (Pfarrhaus) eine Figur des Christus König; in Winkeldorf (Filialkirche St. Katharina) die Figurengruppe der vier Evangelisten (1721); in Konradswalde (Kirche) Figurengruppe der hll. Apollonia und Barbara; in Landeck (Pfarrhaus) Figur des „Auferstandenen Christus“ (1735-40), (Friedhof) Figur der „Mater dolorosa“ (um 1740), (Ring) Dreifaltigkeitssäule (1739-41) und (Fassade des Hauses Nr. 1) Figur der Madonna mit dem Kind (1741-42), (Pfarrkirche Maria Geburt) die Kreuzigungsgruppe (1741); in Neundorf (Kirche) zwei Beichtstühle; in Schönfeld (Pfarrkirche) der Johannes-Nepomuk-Altar (1729), der Maria-Immaculata-Altar (um 1730) und die Kanzel (um 1730); in Rückers (Pfarrkirche) der Erzengel-Michael-Altar (1729) und der Josefsaltar (1729); in Wölfelsdorf (Pfarrkirche) der Hochaltar mit den Figuren des hl. Gregor und Melchisedechs (1736) und die Kanzel (1736); im Nationalmuseum in Breslau befindet sich eine Heilige Familie (nach 1715) und eine Figur der hl. Agathe (um 1730). Seinem Sohn Michael Klahr dem Jüngeren (1727-1807) wird nicht die gleiche Bedeutung zugemessen wie dem Vater. Seine Werke veranschaulichen den Übergang vom Barock zum Rokoko. Er schuf beispielsweise die Kanzel in der Pfarrrkiche in Landeck und den Hochaltar, der nicht mehr erhalten ist, die Weihnachtskrippe sowie Altäre für die Kirchen in Hausdorf, Neundorf und Ebersdorf.
Michael Willmann (1630-1706), der bedeutende Maler des Frühbarock, schuf Bilder für die Marienkapelle in Landeck (erbaut 1678/79) und zwei Gemälde, die zumindest bis 1945 im Besitz des Glatzer Gymnasiums waren.
Nach der Niederschlagung der Böhmischen Rebellion gegen das Haus Habsburg wurde der aufständische Adel der Grafschaft durch eine neue königstreue Schicht ersetzt, die aus dem europäischen Ausland kam. Die neuen Herren begannen, mit lebhafter Bautätigkeit nach französischen und Wiener Vorbildern ihre Macht zu zeigen: In Grafenort bauten Carlo Luragho und die Familie Carova zwischen 1653 und 1658 die gesamte Schloßanlage mit Park und die Kirche (1676) barock um. Neubauten, die die gehobenen Ansprüche ihrer Besitzer zeigen, entstanden zu Beginn des 18. Jh. in Wallisfurth und Plomnitz. Schloß Wölfelsdorf wurde in den Jahren 1681-1686 erbaut, möglicherweise von dem Glatzer Festungsbaumeister Jakob Carova, da der Bauherr Michael Wenzel I. Reichsgraf von Althann zu dieser Zeit der Festungskommandant war. In Mittelwalde erstand das Neue Schloß ab 1684. Diese wenigen Beispiele mögen stellvertretend genannt sein; zu allen Schlössern gehörten ausgedehnte Parkanlagen mit Alleen, Gartenhäusern, Statuen.
Bürgerhäuser zeigen allgemein die kulturelle Verbundenheit mit Böhmen, sie blieben auch im Barock Giebelhäuser auf schmaler Parzelle, wie sie der Ring in Landeck mit den Lauben noch heute aufweist; eine Ausnahme: das Haus des Kommerzienrats Strauch in Lewin mit seiner breiten Front zum Ring, erbaut 1773, deutet auf süddeutsch-bayerischen Einfluß hin.
Die Eingliederung Schlesiens und der Grafschaft Glatz in das Königreich Preußen nach 1740 beendete die kulturell so fruchtbare Verbindung mit der böhmischen Einflußsphäre. Kunstgeschichtlich fällt diese Zeit zusammen mit dem Übergang vom Barock zum Rokoko und Klassizismus, den auch Schlesien mitvollzog. Der Kreis der Auftraggeber änderte sich jedoch. Die ersten zwanzig Jahre nach der Annexion durch Preußen litt ganz Schlesien unter einer starken Rezession; diese und die repressive Fiskalpolitik des preußischen Staates gegenüber der katholischen Kirche bewirkten, daß der Klerus seine dominierende Rolle als Auftraggeber künstlerischer Werke sehr reduzieren mußte. Damit endete hier auch die künstlerische Tradition Böhmens in der Grafschaft Glatz
Hinzu kommt, daß durch die Installation der preußischen Baubehörden die eigenen Gestaltungsmöglichkeiten der Zünfte und Bauherren sehr eingeschränkt wurden. Die neuen Baudirektoren brachten aus Berlin Muster im klassizierenden Stil mit, die sich aber wesentlich auf den reinen Nützlichkeitsgedanken beschränkten. Für Preußen ergab sich in der Grafschaft Glatz die zwingende Notwendigkeit, zur Sicherung des neuen Besitzes den Ausbau der Festung und den Neubau von Kasernen und Versorgungseinrichtungen zu betreiben. Im Laufe der nächsten 150 Jahre errichteten oder erweiterten die neue Verwaltungsschicht und der Adel ihre Residenzen. Das 1722 im barocken Stil erbaute Schloß Pischkowitz wurde vergrößert, behielt aber seinen ursprünglichen Charakter. 1775 wurde das Schloß Gellenau erweitert, umgebaut 1929. Schloß Lauterbach wurde 1785 erbaut und 1891 nach einem Brand erneuert. 1797-98 wurde Schloß Eisersdorf errichtet, umgebaut 1869. Schloß Niederschwedeldorf wurde 1840 im neugotischen Stil erbaut. Das im 18. Jh. im „wälischen Stil“ erbaute Schloß Wallisfurth wurde 1855 ganz umgebaut, Schloß Eckersdorf nach einem Brand in den Jahren 1871-1877 im klassizistischen Stil neu errichtet und Schloß Neudeck 1896 umgebaut
Es entstand auch eine reiche Volkskunst, die nicht vergessen werden sollte. Die Werke der Krippenschnitzer und die Entwicklung der „mechanischen Geburt“, einer Krippe, deren Figuren durch ein oft kompliziertes Räder- und Seilzugwerk bewegt werden konnten, legen davon Zeugnis ab.
Einen hohen Standard entwickelte auch die Glaskunst in der Grafschaft Glatz. So kaufte Friedrich II. bei einem Besuch in Glatz in Jahre 1772 von der Hütte der Familie Rohrbach in Friedrichsgrund einen Leuchter, Trinkgläser und Scheibenglas für 60 Taler. Der König äußerte sich lobend über die Qualität und ließ der Hütte seine persönliche Protektion zukommen.
Auch in der Dichtkunst hat die Grafschaft Glatz in allen Epochen bedeutende Beiträge geliefert. Unsicher ist, ob der Verfasser der mittelhochdeutschen Versdichtung „Der Borte“, Dietrich von der Glesse (13. Jh.), aus dem Glatzer Land stammte. Ein Vertreter des Minnesanges ist Johannes von Wünschelburg (13. und 14. Jh.); Hieronymus Linck aus Glatz und Paul von Glatz waren Meistersinger (16. Jh.).
Die lateinische und griechische Dichtung wurde, vor allem in der Form von Schuldramen und Kasualgedichten, im angehenden 17. Jh. von den Humanisten in Glatz und vor allem im Kreis Habelschwerdt zu hoher Blüte gebracht. Zu nennen sind hier der Glatzer Andreas Calagius (1549-1609), kaiserlich gekrönter Poet, und Johannes Gebhard (1611-1681) aus Habelschwerdt. Georg Gloger (1603-1631) war zu seiner Zeit das größte dichterische Talent in der Grafschaft Glatz (Herzig). Er gehörte, wie auch Gottfried Schildbach, der ersten Schlesischen Dichterschule an, die literarisch führend war. Die klassische Dichtung des späten 18. Jh. ist vertreten durch Otto Graf von Haugwitz (1767-1843) aus Pischkowitz und Friedrich Wilhelm Riemer (1774-1845), den Mitarbeiter und Freund Goethes. Weltgeltung erlangte der dem Realismus wie dem Naturalismus verwandte Hermann Stehr (1864-1940) aus Habelschwerdt.
Der Theologe Joseph Wittig aus Neusorge bei Schlegel (1879-1949) hat meisterlich verstanden, die tiefe Gläubigkeit der Menschen seiner Heimat zu beschreiben; durch seine damals sehr neuartige Einstellung zur Lehre der katholischen Kirche wurde er in der gesamten deutschsprechenden Welt bekannt.
Das 19. und das 20. Jh. haben eine bedeutende Reihe von Heimatdichtern hervorgebracht. Stellvertretend für sie seien hier nur Robert Karger, Georg Hartmann, Vera Gottschlich und Aloys Bartsch genannt. Aus ihren Werken wird die Grafschaft Glatz auch in der Fremde immer wieder neu zum Leben erweckt: sie sind, soweit in Mundart geschrieben, auch in Zukunft wertvolle Dokumente einer nun zerstörten Kultur.
Das Laienschauspiel hat wie auch das Marionettenspiel eine lange Tradition im Glatzer Land. Ein Besonderheit war das Grafenorter Schloßtheater des Grafen Johannes Hieronymus von Herberstein (1772-1847), eine Kombination von Berufs- und Laienbühne. Einer seiner Theaterdirektoren war Karl von Holtei (1798-1880) aus Breslau, der auch als Dichter hervorgetreten ist; in seinem Roman Christian Lammfell hat er das Andenken des beliebten „Pater Jürgel“, des Neuwaltersdorfer Kaplans Georg Seipel, verewigt. Der später berühmte Königlich preußische Hofschauspieler Karl Seydelmann (1793-1843) aus Glatz spielte als Anfänger in Grafenort.
Zwei weitere große Schauspieler, Louis Kühn (1816-1908) und Friedrich Kayßler, (1874-1945) sind aus der Grafschaft hervorgegangen.

Elsbeth Hoffmann

 

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