Grafschaft Glatz > Kultur und Geschichte > „Blätter für Geschichte und Heimat(s)kunde der Grafschaft Glatz“

Kultur und Geschichte
der Grafschaft Glatz (Schlesien)

Die „Blätter für Geschichte und Heimat(s)kunde der Grafschaft Glatz“ (1906-1920)

Von Prof. Dr. Klaus Hübner (Mettmann)

Das Jahr 1906 markiert einen Neustart des periodischen Heimatschrifttums in der Grafschaft Glatz. Dieser ist eng verbunden mit dem 25jährigen Gründungsjubiläum des 1881 entstandenen Glatzer Gebirgs-Vereins (G.G.V.), der aus diesem Anlaß eine Vereinszeitschrift mit dem Titel „Die Grafschaft Glatz“ ins Leben rief, die ab 1906 erschienen ist. Und nicht nur das: zugleich starteten als Beilage zur Vereinszeitschrift die „Blätter für Geschichte und Heimatskunde der Grafschaft Glatz“, die auf mehrere im Jahresverlauf erscheinende Hefte ausgelegt waren. Herausgeber war der Hauptvorstand des Glatzer Gebirgs-Vereins. Den Druck besorgte die Arnestus-Druckerei in Glatz.
Damit endete eine 15jährige periodikumslose Zeit, die mit der Einstellung der „Vierteljahrsschrift für Geschichte und Heimatskunde der Grafschaft Glatz“ sowie der „Geschichtsquellen der Grafschaft Glatz“ im Jahre 1891 im Glatzer Land entstanden war. Vereinzelte geschichtliche und heimatkundliche Beiträge waren in den Anhängen zu den 24 Jahresberichten des G.G.V. von 1882 bis 1904 erschienen. Und die 1884 gegründete Section/später: Ortsgruppe Breslau des Gebirgsvereins brachte seit 1886 regelmäßig „Mitteilungen“ heraus – die sog. Gelben Blätter, deren Inhalt hierzulande leider nicht bekannt ist, weil sich keine Exemplare ermitteln lassen. Deren Leiter war zunächst der Schriftsteller Gustav Nentwig (1840-1921), später der Justizrat Pavel (1856-1906).
Nach dem Vorwort des Hauptvorstands des G.G.V. sollten die „Blätter“ inhaltlich die Arbeit der „Vierteljahrsschrift“ fortsetzen und damit u. a. auch die Veröffentlichung von Arbeiten des Ullersdorfer Pfarrers und Geschichtsforschers Joseph Kögler (1765-1817). Des Weiteren war an Nachträge zu den „Geschichtsquellen“ gedacht. Durch die Mitarbeit des früheren Mitherausgebers von „Vierteljahrsschrift“ und „Geschichtsquellen“ Dr. Franz Volkmer (1846-1930) wurde eine personelle Verbindung hergestellt. Die Schriftleitung übernahm der Glatzer Lehrer und Heimatkundler Professor Victor Teuber (1865-1917). Ihm folgte 1913 der damalige Garnisonpfarrer Franz Albert (1876-1944), dem im Jahre 1916 auch die Leitung der Vereinszeitschrift des G.G.V. „Die Grafschaft Glatz“ übertragen wurde.
Die „Blätter“ erschienen 15 Jahre lang bis 1920 in Form von 2 × 30 Bögen mit jeweils fortlaufender Seitennummerierung. Daraus ergaben sich dann zwei Bände: der erste für die Jahre 1906-1910 (471 Seiten) und ein Zweiter Band für die Zeit von 1911-1920 (476 Seiten). Die Anzahl der jährlich editierten Beilagen ist nicht exakt zu ermitteln, jedenfalls scheint sie nicht einheitlich gewesen zu sein. Ohnehin sind in Deutschland keine einzelnen Beilagen bekannt, und so läßt sich nicht sagen, ob sie mit Umschlagseiten versehen waren, auf denen eine Datierung oder Nummerierung angegeben war. Die Beilagen sind nur als Zusammenfassungen in den beiden Bänden 1906-1910 und 1911-1920 der Glatzer Arnestus-Druckerei vorhanden. Dabei enthält das Titelblatt des ersten Bandes keine Angabe des Erscheinungsjahres, im Zweiten Band ist das Jahr 1920 angegeben.

Titelblatt, 2. Band 1911-1920 der „Blätter für Geschichte und Heimat(s)kunde der Grafschaft Glatz“
Titelblatt des 2. Bandes 1911-1920

Ob die „Blätter“ die ihnen zugedachte Aufgabe entsprechend den Vorbildern „Vierteljahrsschrift“ und „Geschichtsquellen“ erfüllt haben, muß offen bleiben. Von Joseph Kögler kam nur eine einzige, recht kurze Arbeit zum Abdruck. Die namhaften Autoren Franz Volkmer und Paul Klemenz sind mit mehreren Beiträgen vertreten. Sicherlich hat sich ausgewirkt, daß die späteren Jahre in die Zeit des Ersten Weltkriegs und dann in die turbulente Nachkriegszeit fielen. Da die einzelnen Bögen/Beilagen nur einen Umfang von jeweils 16 Seiten hatten, erschienen viele Aufsätze in mehreren, zeitlich gestreckten Fortsetzungen. Das Themenspektrum war recht vielfältig. So haben die „Blätter“ das Grafschafter Heimatschrifttum bereichert und nicht zuletzt eine Brücke zu den „Glatzer Heimatblättern“ des 1917/18 entstandenen Vereins für Glatzer Heimatkunde geschlagen, denen der Hauptvorstand des G.G.V. in seinem Nachwort des letzten Heftes der „Blätter“ vom Herbst 1920 die Aufgabe zuweist, die von den „Blättern“ begonnene Arbeit fortzuführen. Einen Verzicht auf die „Beförderung wissenschaftlicher Bestrebungen“ sollte die Einstellung der „Blätter“ jedoch nicht darstellen (so F. Albert, weiterhin Schriftleiter der Vereinszeitschrift, in „Die Grafschaft Glatz“, 1920, S. 60). Von 1921 bis 1928 heißt es im Kopfteil der jeweils ersten Seite der einzelnen Hefte der „Glatzer Heimatblätter“ unterhalb des Titels: Fortsetzung der „Blätter für Geschichte und Heimatkunde der Grafschaft Glatz“, bis dies im Jahre 1929 im Rahmen einer graphischen Neugestaltung des Kopfteils entfiel. Dieser Zusatz war vielleicht auf Franz Albert, den bisherigen Schriftleiter der „Blätter“, zurückzuführen, der im Jahre 1921 die Schriftleitung der „Glatzer Heimatblätter“ von Dr. Paul Klemenz übernahm.
Offenbar sind nur wenige Originalexemplare dieses Periodikums in Deutschland vorhanden. Die Zeitschriftendatenbank (ZDB) weist lediglich sieben Besitzbibliotheken aus. Im Jahre 1998 brachte der „Grafschaft-Glatzer-Mosaik“-Verlag, Karlsruhe einen „Nachdruck der Originalausgabe aus dem Jahre 1920“ heraus, die ihm der Glatzer Gebirgs-Verein Braunschweig zur Verfügung gestellt hatte. Im Anschluß an die Wiedergabe des Inhaltsverzeichnisses zu Anfang des Zweiten Bandes findet sich folgende Notiz von Ernst-August Herbst, dem Inhaber des Mosaik-Verlages, von Juli 1998:

„Bei der Herstellung des Nachdrucks wurden einige Fehler festgestellt, die vor dem Druck beseitigt wurden.
1. Die Seiten 49-64 enthalten den Text der gleichen Seiten des Bandes 1 und wurden deshalb entfernt.
2. Das Inhaltsverzeichnis Seite IV und V wurde neu geschrieben und die Unstimmigkeiten gegenüber dem Text dadurch beseitigt.“

Eine Überprüfung hat ergeben, daß die genannten fehlerhaften 16 Seiten 49-64 den Bogen 4 des Zweiten Bandes ausmachen. Stattdessen ist in den Braunschweiger Original-Band 2 der Bogen 4 des ersten Bandes geraten. Dies könnte anläßlich der Erstellung des Zweiten Bandes beim Zusammendruck der einzelnen Beilagen oder aber bei deren Zusammenbindung geschehen sein. In einer Notiz der Schriftleitung der „Blätter“ in der Vereinszeitschrift Ende 1920 ist von „drucktechnischen Mängeln“ die Rede, ohne daß diese allerdings näher benannt werden („Die Grafschaft Glatz“, 1920, S. 64). Im Jahre 1925 waren noch sämtliche Bogen der „Blätter“ vorhanden und wurden vom G.G.V. zum Preise von 25 Pfg. pro Bogen angeboten; ein Band kostete ungebunden 4 Mark („Die Grafschaft Glatz“, 1925, S. 117).
Der aufgezeigte Fehldruck findet sich auch in einem polnischen Digitalisat (der Digitalen Bibliothek Hirschberg/Jelenia Góra). Anders dagegen verhält es sich bei dem Digitalisat der „Blätter für Geschichte und Heimatkunde der Grafschaft Glatz“ der polnischen Śląska Biblioteka Cyfrowa (Schlesische Digitale Bibliothek in Kattowitz/Katowice). Das für das Digitalisat verwendete Exemplar trägt den Besitzerstempel „Max Brauner, Malermeister, Glatz“, der von 1872 bis 1941 gelebt hat. Bei diesem Exemplar liegt der beim Nachdruck 1998 zu Tage getretene fehlerhafte Druck der Seiten 49-64 im Zweiten Band nicht vor. Auf den Seiten 49-50 findet sich der Schluß von: Divisionspfarrer Dr. Schmidt, Herzog Ernst von Bayern und die erste Glatzer Gegenreformation (1549-1560), und ab S. 50 wird der auf S. 1 des Zweiten Bandes begonnene Beitrag von Kaplan M. Tschitschke „Statistische Darstellung der Seelsorgebenefizien und kirchliche Stiftungen in der Grafschaft Glatz bis zum Jahre 1500“ fortgesetzt, und zwar: Glatz (Fortsetzung) von S. 50-54, Habelschwerdt von S. 54-60, Landeck von S. 60-63 und Mittelwalde von S. 63-64. Es handelt sich um den gesamten Bogen 4 des Zweiten Bandes im Umfang von 16 Seiten. Auch in der textlich vollständigen Druckfassung aber ist das Inhaltsverzeichnis auf S. III insoweit fehlerhaft, als es die oben aufgeführten Seiten des Tschtschke-Beitrages nicht enthält. In der in den Inhaltsverzeichnissen der beiden Bände der „Blätter“ sonst verwendeten Form der Angaben der Seitenzahlen bei in Fortsetzung abgedruckten Aufsätzen ergibt sich für diesen Beitrag im Zweiten Band (1911-1920): S. 1-16, 17-21, 50-64, 89-96, 129-144, 166-176, 177-185, 193-199.
Festzuhalten ist, daß der Mosaik-Verlag seinem Nachdruck der „Blätter für Geschichte und Heimat(s)kunde der Grafschaft Glatz“ eine fehlerhafte und unvollständige Fassung des Zweiten Bandes 1911-1920 zugrunde gelegt hat. Darauf soll mit diesem Beitrag aufmerksam gemacht werden. Wesentlich aber ist die Nachricht, daß eine vollständige Textfassung dieses für die Grafschaft Glatzer Geschichts- und Kulturforschung bedeutsamen Periodikums existiert und als Digitalisat verfügbar ist. Auch das Haus Schlesien in Königswinter besitzt ein textlich einwandfreies Exemplar.

aus: „Grafschafter Bote“ Nr. 7-8/2024

 

Inhaltsverzeichnis

Band 1 (1906-1910)

G. Amft: Volkslieder aus der Grafschaft Glatz: Des Vaters Stolz; Der Bruck, der zog zum Kriege (Dazu F. Sauermann: Die Herkunft des Liedes: Der Bruck); Maria und die arme Seele; Gesänge in der Teurung und Hungersnot 1805-1812; Gesang zur Kriegszeit (1805-13); Weihnachtsjubel; Der liebe Michel; Das Gärtnermädchen; Die Kindesmörderin; Ein ländlicher Kirmesschmaus; Weihnachtslied
E. Beck: Vom Namen Glatz; Schreckendorf, die erste urkundlich bezeugte deutsche Ansiedlung in der Grafschaft Glatz
Dr. P. Klemenz: Der Anteil der Grafschaft Glatz an der deutschen Literatur
J. Kögler: Beschreibung der Franziskaner-Kirche zu Glatz
Laurisch, Gewerberat: Einiges aus der Entwicklung der Industrie in der Grafschaft Glatz
A. E. Leister: Glatzer Studenten. In Frankfurt a. O., Greifswald und Rostock, Wittenberg, Leipzig, Erfurt und Herborn
Dr. Mühlan: Die französischen Kriegsgefangenen 1870/71 in Glatz
Dr. Schmidt: Ein Kindsmordprozeß aus dem Jahre 1761; Kleine Funde zur Kirchen- und Profangeschichte der Grafschaft Glatz; Der Freibrief für die Dürrnberger Bauern vom Jahre 1617
Dr. Schube: Aus der Baumwelt der Grafschaft Glatz
A. Skalweit: Fouqués Herrschaft in Glatz
V. Teuber: Glatzer Reisende des 14. und 15. Jahrhunderts; Freundliche Ortsnamen
M. Tschitschke: Die alten Schöppenbücher von Peucker
Dr. Volkmer: Denkwürdige Männer aus und in der Grafschaft Glatz; Die Revolutionsjahre 1848 und 1849 in der Grafschaft Glatz; Das Sobieskische Marienbild in der Pfarrkirche zu Mittelwalde; Zur Geschichte der Floriankapelle bei Habelschwerdt
V. Weltzel: Die Viehzucht der Grafschaft Glatz einst und jetzt
Bericht über das Bad Kudowa / Landeck / Reinerz in der Zeit von 1891-1905
Meteorologische Beobachtungen in der Grafschaft Glatz im Jahre 1906 / 1907
Ergebnisse der Volkszählungen von 1900 und 1905 im Kreise Neurode

Band 2 (1911-1920)

M. Tschitschke: Statist. Darstellung der Seelsorgsbenefizien und kirchl. Stiftungen in der Grafschaft Glatz.
Dr. J. Schmidt: Herzog Ernst von Bayern und die erste Glatzer Gegenreformation; Die Entdeckung von Glatzer Land und Glatzer Volk durch die älteren schlesischen Reiseschriftsteller
Dr. F. Volkmer: Waldmeister- u. Jäger-, wie auch Wildbahn-Ordnung des Kaisers Rudolf vom J. 1606; Aus dem Tagebuch des Stückmanns Ignaz Winge zu Freiwalde bei Mittelwalde; Das älteste Taufbuch der Pfarrei Glatz
Dr. P. Klemenz: Der Anteil der Grafschaft Glatz an der deutschen Literatur; Die Literatur der Landes- und Volkskunde der Grafschaft Glatz. Vorwort u. Einleitung, Geschichte, Hilfswissenschaften der Geschichte, Kulturgeschichte, Volkskunde, Landeskunde
V. Teuber: Regesten aus dem ältesten Wünschelburger Stadtbuch von 1501-1511
G. Amft: Volks- u. volkstümliche Lieder der Grafchaft Glatz. Volksschauspiele. Balladen, Romanzen, Legenden
A. Leister: Glatzer Studenten (Fortsetzung). Marburg, Heidelberg, Straßburg (Els.), München, Prag
P. Henkel: Auszug aus den Glatzer Magistrats-Akten der Jahre 1813-15
V. Schaetzke: Glatzer Burgen
Dr. Th. Schulz: Wanderungen in den Wäldern der Grafscaft Glatz und der Nachbargebiete
F. Albert: Die drei Orden des hl. Franziskus von Assisi. Einleitung, Vorbemerkungen, Der erste Orden, Der zweite Orden, Der dritte Orden, Die Ordensgelübde
E. Franke: Das Rittergut zu Nieder-Alwaltersdorf und die frühere Koblitzburg

(aus der Deutschen Fraktur-Schrift übertragen von Christian Drescher)

 

Benutzerdefinierte Suche

 

 

Zurück Zurück zum Inhaltsverzeichnis „Kultur und Geschichte“

 

Zur Homepage Zurück zur Homepage

 

© 2024 by Dipl.-Ing. Christian Drescher, Wendeburg
Erste Version vom 22.06.2024, letzte Aktualisierung am 22.06.2024.