Aufgrund ihrer zahlreichen Heilbäder war die Grafschaft
Glatz lange Zeit überregional als „Gesundbrunnen Deutschlands“
bekannt. Vor allem aber der große Bestand an Schlössern und Herrenhäusern
prägt die Landschaft und macht sie zu einer kulturhistorisch hochinteressanten
Region. Im „Land der Schlösser“, wie Schlesien in einem umfangreichen
Werk des Dresdner Architekten Robert Weber zu Beginn des 20. Jahrhunderts tituliert
wurde, nimmt die Grafschaft Glatz eine herausragende Stellung ein – sie weist eine
weit größere Anzahl an Schlössern und Herrenhäusern auf als
das bekannte Hirschberger Tal.
Die Wanderausstellung „Ein vergessenes Arkadien“ von Monumenta Silesiae e.V.
will in erster Linie sensibilisieren für die hohen kulturhistorischen Werte,
die sich trotz jahrzehntelangem Verfalls der Adelssitze immer noch in der Region
befinden. Bei vielen Bauwerken müssen dringend Erhaltungsmaßnahmen und
Restaurierungen in die Wege geleitet werden. Mit Ende des Zweiten Weltkriegs und
in der unmittelbaren Nachkriegszeit wurden viele Bauten durch Zerstörungen
und Plünderungen ganz oder teilweise vernichtet. Viele wurden als Unterkünfte
für „repatriierte“ Polen, kommunale und staatliche polnische
Einrichtungen oder als Verwaltungssitze der Staatsgüter genutzt. Durch mangelnde
Bauerhaltung in den folgenden Jahrzehnten und Aufgabe der Bauwerke in ihrer Nutzung
wurden die Verluste zunehmend höher. Auch die politische Wende von 1989 konnte
diesen Prozess nicht aufhalten. Mehr und mehr Bauten, die ursprünglich staatlich
genutzt worden waren und nach 1989 einer Privatisierung zugeführt wurden, sind
erheblich in ihrem Bestand gefährdet. Die Investitionen, die notwendig wären,
sind hoch, häufig fehlt es an öffentlicher Unterstützung durch den
polnischen Denkmalschutz und die Renditeaussichten für Investoren sind gering.
Zudem werden wertvolle Bauteile inzwischen teilweise systematisch entfernt und dem
internationalen Kunstmarkt zugeführt.
Im Glatzer Bergland gibt es seit Jahren Bestrebungen die Kurorte zu revitalisieren,
so sind beispielsweise Bad Kudowa und Bad Landeck zu nennen oder die Restaurierung
der Papiermühle in Bad Reinerz. Andererseits sind Initiativen privater oder
staatlicherseits zur Erhaltung der Schlösser und Herrenhäuser und gegebenenfalls
ihre Einbindung in einen „sanften Kulturtourismus“ noch selten.
Im Zentrum der umfangreichen Sonderausstellung im Museum für schlesische Landeskunde
von HAUS SCHLESIEN steht die Wanderausstellung „Ein vergessenes Arkadien“
von Monumenta Silesiae e.V., die der Kurator, Arne Franke M.A., in Zusammenarbeit
mit dem Museum des Glatzer Landes aus Glatz und dem Denkmalamt in Waldenburg konzipiert
und gestaltet hat. Weitere Partner dieser zweisprachigen Wanderausstellung, die
bereits im Museum des Glatzer Landes in Glatz (Muzeum Ziemi Kłodzkiej, Kłodzko)
und in Schloss Lomnitz im Hirschberger Tal gezeigt wurde, sind das Schlesische Museum
Görlitz, das Herder-Institut, Marburg und das Kunstforum Ostdeutsche Galerie,
Regensburg.
Die Ausstellung stellt sieben Jahrhunderte Adelsgeschichte einer der bemerkenswertesten
Regionen Schlesiens dar. In thematischen Exkursen werden verschiedene Aspekte zur
Architektur der Schlösser, deren Auftraggebern und heutigen Bedeutung für
die Kulturlandschaft beleuchtet. Zudem werden etwa dreißig ausgewählte,
in Kurzbiographien beschriebene und mit historischem und aktuellem Bildmaterial
illustrierte Adelssitze vorgestellt. Exponate aus der Sammlung des Museums von HAUS
SCHLESIEN sowie der Glatzer Heimatstube in Lüdenscheid und weitere private
Leihgaben ergänzen die Präsentation. So zeugen u.a. wertvolle Vedutenporzellane
und Badegläser aus den verschiedenen Kurorten, Grafiken, historische Landkarten
und Informationen über die Wirtschaftsgeschichte der Grafschaft von der Vielfalt
dieser böhmisch-schlesisch geprägten Region.
Die Ausstellung vom 4. Mai bis 20. Juli 2008 will einen Focus auf die Schätze
dieser an kunstgeschichtlichen Zeugnissen reichen Landschaft lenken, bereits begonnene
Initiativen stärken und sowohl das Bewußtsein der Verantwortlichen als
auch der Bevölkerung aber auch des Reisenden für den Kulturreichtum der
Region schärfen.
Nicola Remig
Museum für schlesische Landeskunde, Haus Schlesien
Dollendorfer Straße 412, D-53639 Königswinter-Heisterbacherrott
Tel.: (0 22 44) 8 86 - 2 31, Fax: (0 22 44) 8 86 - 1 00
Internet: www.hausschlesien.de
Öffnungszeiten:
Di.-Fr. 10-12 Uhr und 13-17 Uhr
Sa., So. und Feiertags 11-18 Uhr
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