Kultur und Geschichte
der Grafschaft Glatz (Schlesien)
Kurzbeschreibung der Grafschaft Glatz
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Der Gebirgszug der Sudeten bildet eine Art natürliche Grenze
zwischen dem Raum an der Oder im Osten und dem an Elbe und March im Westen und Süden.
Ausgedehnte Waldungen mit Urwaldcharakter sowie Sümpfe und Moore behinderten
den Wechsel von der einen in die andere Landschaft. Auffällig ragt gleich einem
Erker der Glatzer Kessel nach Süden in den böhmisch-mährischen Raum
hinein. Jener wird vom Eulen-, Wartha-Reichensteiner Gebirge im Osten, dem Glatzer
Schneegebirge im Süden, dem Habelschwerdter sowie dem Heuscheuer-Gebirge im
Westen umgeben. Da die Pässe von Wartha, Mittelwalde und Hummel die Möglichkeit
boten, vom Stromgebiet der Elbe/March in das der Oder zu kommen, so war der Glatzer
Kessel ein Durchgangsland in allen Jahrhunderten; deshalb verwundert es nicht, daß
- wie Funde nachweisen - in der Stein-, Bronze- und frühen Eisen-Zeit Menschen
in der Grafschaft wohnten. Mit Sicherheit ist anzunehmen, daß in der Folgezeit
Illyrer, Kelten und schließlich Germanen den Gebirgskessel besiedelten, von
denen allerdings der größte Teil im Zuge der letzten großen Völkerwanderung
das Land verließ. In den nur noch dünn besiedelten Raum sickerten Slawen
ein, die die besten Böden in den Flußniederungen in Besitz nahmen.
Wie die politischen Verhältnisse sind, lesen wir in der „Chronik von Böhmen“
des Prager Domdechanten Cosmas. Darin berichtet er zum Todesjahr des böhmischen
Fürsten Slavnik von Liebitz 981, daß dieser u.a. Glatz als eine an der
Neiße gelegene Grenzburg besessen habe. Mit dieser Nachricht wird eindeutig
festgestellt, daß der Glatzer Kessel politisch zu Böhmen gehörte.
Diese Tatsache bestätigte 1137 der sog. Pfingstfriede, der unter Vermittlung
Kaiser Lothar III. (1125-1137) die Herzöge Sobieslaw I. von Böhmen
und Boleslaw von Polen auf der Glatzer Burg schlossen.
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Alle in der deutschen Dichtung vorkommenden Strömungen spiegeln
sich im Glatzer Lande wider. Als Vertreter der mittelhochdeutschen Dichtung ist Dietrich
von der Klesse zu nennen; als Vertreter der höfisch-ritterlichen Dichtung des
13. und 14. Jahrhunderts Johannes von Wünschelburg aus Glatz. Den Meistergesang
pflegten die Glatzer Hieronymus Linke von Glatz. Die lateinische Dichtung an den
Lateinschulen zu Glatz, Habelschwerdt und Mittelwalde pflegten der Glatzer Andreas
Calagius, kaiserlich gekrönter Poet, und Johannes Gebhard aus Habelschwerdt.
Der ersten schlesischen Dichterschule, die im 17. Jahrhundert die literarische Führung
in Deutschland an sich riß, gehören an Georg Gloger (Habelschwerdt) und
Gottfried Schildbach (Glatz), während die klassische Kunstrichtung Otto Graf
von Haugwitz (Pischkowitz) und Friedrich Wilhelm Riemer (Glatz) vertreten. Zu den
bedeutendsten Dichtern Deutschlands gehören der Habelschwerdter Hermann Stehr
und der Schlegeler Dichtertheologe Prof. Dr. Joseph Wittig.
Der Musikinstrumentenbau, insonderheit der Geigenbau, hatte in
der Grafschaft Glatz eine lange Tradition. Begründer der Grafschafter Geigenbaus
war Christof Boese, Ebersdorf, 1640-1685. Auf Boese folgten neun Geigenbauer der
Familie Hoffmann, deren Stammvater Friedrich Hoffmann, Ebersdorf, 1648-1714 war.
Ferner die aus dem Geschlechte der Beck, deren Stammbaum bis in 14. Jahrhundert
zurückreicht und die in Wölfelsdorf bzw. Niederlangenau beheimatet waren.
Weitere Geigenbauer:
- Matzke, Johann Christoph (Ebersdorf) 1685-1767
- Weiß, Cajetan (Kieslingswalde) 1771-1842
- Weiß, Siegried (Kieslingswalde) 1815-1870
Insgesamt hat es in drei Jahrhunderten 24 Geigenbauer im Glatzer
Land gegeben. Die letzten Vertreter dieser Zunft sind Georg Loesse (Hausdorf) und
Otto Kuppert (Neurode). Besonders erwähnt sei aber der Glatzer Musikinstrumentenbauer
Franz Tucek, eine stadtbekannte Persönlichkeit.
Die Hinterglasmalerei hat im Glatzer Land ihren eigenständigsten vielfältigsten
und reizvollsten Ausdruck und besonders in den Ländern Osteuropas weite Verbreitung
gefunden. Der Ursprung dieser Glasbilder lag in Kaiserswalde mit Ignaz Rohrbach
(1823-1913), Wilhelm Rohrbach (1858-1949) und Heinrich Bernhard (1847-1902). Letzterer
war Direktor des Königlichen Instituts für Glasmalerei in Berlin. Über
zwei Jahrhunderte übten die Erlitzer auf bäuerlich fester Grundlage ihre
bodengebundene Arbeit als Glasmacher und Glasmaler aus. Die Bilderindustrie (in Neurode
angesiedelt) löste die Hinterglasmalerei ab. Hier sind zu nennen: Hugo Hübners
Steindruckerei Neurode und die Lithographische Kunstanstalt Conrad und Taube, aus
der sich die Berlin-Neuroder Kunstanstalten entwickelten. Unerwähnt darf nicht
bleiben der Glasveredler und Graveur Konrad Tag, 1903-1954.
Mit ihren 1.636 Quadratkilometern hatte die Grafschaft Glatz rund
70.000 Hektar (42 %) Wirtschaftswald, der in der Hauptsache auf den vier
Randgebirgshöhenzügen stockte, aber auch im Kessel zu finden war, wo jeder
Berg, Hügel und jede Kuppe bewaldet war. Als Nadelhölzer sind Fichte, Rotbuche,
Esche, Birke und Bergahorn zu nennen. Die Staatsforsten Nesselgrund, Reinerz und Carlsberg
verwalteten rund 12.000 Hektar mit einem Jahreseinschlag von 44.800 Festmetern, gefolgt
von den Königlich Prinzlichen Forsten Seitenberg, Schnallenstein (Herrschaft
Kamenz) mit rund 62.400 Festmetern. Die Gemeindeforsten bewirtschafteten rund 5.700
Hektar, davon die Stadt Habelschwerdt allein rund 3.000 Hektar. Den größten
Privatforstbesitz hatte Reichsgraf von Magnis, Eckersdorf, mit 5.985 Hektar, gefolgt
von Reichsgraf Althan, Mittelwalde, mit 3.340 Hektar Wirtschaftswald.
Neben den vielen Sägewerken benötigen vor allem die Papierfabriken, Kohlegruben
und Glashütten viel Holz.Auch die holzverarbeitenden Industrien wie Streichholzfabriken,
Span-, Schachtel-, Schuhnägel- und Wurstspeilfabriken und natürlich auch
das Kunsthandwerk benötigten Holz. Daß das Glatzer Land zu allen Zeiten
auch ein jagdliches Eldorado mit allen Arten von Rot- und Niederwild war, sei nur
kurz vermerkt. An seltenen Wildarten wäre das Mufflon zu nennen. Noch im 17.
Jahrhundert finden sich im Eulengebirge Bären und Schwarzwild. Der letzte Wolf
wurde 1831 im Heuscheuergebirge erlegt.
Von der Bodenfläche des Glatzer Landes dienten 51 % als Ackerland und 8 %
als Wiese, das sind rund 970 Quadratkilometer. Angebaut wurden vorwiegend Weizen,
Roggen, Gerste, Zuckerrüben, Kartoffeln, Klee, in höheren Berglagen auch
Lein. Die landwirtschaftliche Nutzung richtete sich allgemein nach der Bodengüte.
Der Boden der vielen Täler zeichnete sich durch große Fruchtbarkeit aus.
Verschieden aber sind die Bodenverhältnisse in den bergigen Tälern der Eule, des Kreises Habelschwerdt und des Glatzer Oberkreises. In den Tälern bis 400 Meter Seehöhe baute man alle Getreidearten sowie Rüben, Kartoffeln, Futtergewächse und Rotklee an. Die Samenausfuhr war weithin bekannt.
In den Gebirgstälern von 450 bis 800 Meter Seehöhe war die Wahl der anzubauenden Kulturgewächse weit schwieriger und mühsamer; neben Roggen, Kartoffeln, Hafer und Lein. Der Saatkartoffelanbau war eine der wichtigsten Einnahmequellen der Gebirgsbauern. In den höchsten Ackerlagen trat der Ackerbau weit zurück. Oft konnte der hier angepflanzte Hafer erst geerntet werden, wenn man den schon früh gefallenen Schnee abschüttelte und den geernteten Hafer mühselig am Backofen zu Ende trocknete. Trotzdem nutzte man den guten Haferboden des Gebirges.
Eine intensive Rinderzucht ließ die Grafschaft Glatz an die Spitze aller schlesischen Kreise treten. In der Pferde- und Schweinezucht hatte man allerdings nachzuholen. Ziegen- und Geflügelzucht sind bemerkenswert, die Bienenzucht stand in Blüte.
Die Bauernhöfe der Waldhufendörfer sind überwiegend in der „fränkischen Rechteckform“ mit einem meist schön gestalteten Einfahrtstor zur Straße hin angelegt. In den Gebirgsdörfern findet man das „Umgebindehaus“, ein aus Holzbalken errichtetes, weiß übertünchtes Blockhaus mit weit ausladendem Dach.
1391 wird im ältesten Glatzer Stadtbuch ein „Bergwerk“ erwähnt, wird im Neuroder Raum Kohle abgebaut. Die erste Bergwerksordnung stammt aus dem Jahre 1524; Kaiser Rudolf II. erließ 1578 eine weitere. Der Bergbau war mit der Wenzeslaus-Grube in Ludwigsdorf-Möhlke, mit dem Kurt-Schacht in Hausdorf, mit der Neuroder Kohlen- und Tonwerken, mit der Rubengrube in Neurode-Kohlendorf, der Johann-Baptista-Grube in Schlegel, der Rudolf-Grube in Volpersdorf-Köpprich der größte Arbeitgeber der Grafschaft Glatz. Das niederschlesische Kohlenrevier (Zusammenschluß Waldenburg - Neurode) war 1938 der fünftgrößte Kohlenlieferant Deutschlands. In diesem Gebiet wurden jährlich rund sechs Millionen Tonnen Steinkohle gefördert. Das reiche Vorkommen von feuerfestem Schieferton in der Rubengrube (einzigartig in Europa) eignete sich vorzüglich zur Herstellung von Schamottziegeln. 1940 wurden 250.000 Tonnen dieses
wertvollen Rohstoffes gefördert. Einst schürfte man im Glatzer Land auch nach Edelmetallen. Doch der Erzbergbau wurde eingestellt, und nur noch Ortsnamen erinnern an diese Epoche. Aus zahlreichen Kalksteinlagern gewann man Kalk als Baumaterial. Und in vielen Ziegeleien schuf man Ziegel für die Bauindustrie. Die Sandsteinfelsen der Heuscheuer wurden in drei mächtigen Brüchen erschlossen, in Friedersdorf, Goldbach und Wünschelburg. Heuscheuersandstein fand beim Bau des Berliner Doms, des Reichstages, der Reichskanzlei Verwendung. Der Marmorbruch bei Seitenberg, die Porphyr- und Metaphyrbrüche im Neuroder Bezirk sowie die Basaltbrüche bei Landeck seien ebenfalls als beachtenswerte Arbeitsstätten genannt.
Infolge der reichen Rohstoffvorkommen konnte sich auch in der Grafschaft Glatz die Industrie gut entwickeln. So führte der Holzreichtum zu einer vielfachen industriellen, handwerklichen und künstlerischen Verarbeitung. Überall gab es Sägewerke, Möbelfabriken und holzverarbeitende Betriebe. Stadt und Kreis Habelschwerdt waren im Glatzer Land Mittelpunkt der Holzindustrie. Holz als Rohstoff für Zellulose benötigten die Papierfabriken in Mühldorf und Neuweistritz. In Reinerz stand die älteste Papiermühle, deren Betrieb schon 1562 beurkundet ist. Hier wurde das „milbenfreie“ Büttenpapier für die Staatsurkunden des heiligen römischen Reiches deutscher Nation
hergestellt. Holzschnitzer schufen neben prophanen Kunstwerken auch viele sakrale Bildwerke und Altäre für Kirchen und Kapellen im schlesischen Raum. Die Glasherstellung und Glasveredelung waren schon im Mittelalter von großer Bedeutung. Glashütten und
Glasschleifereien befanden sich in unseren Tagen u. a. in Altheide, Friedrichsgrund, Kaiserswalde, Reinerz, Rückers und Schreckendorf. Sie eroberten sich durch Güte und Preis weite Absatzgebiete in aller Welt. Während in der Gebirgsdörfern noch die Handweberei zu Hause war (als Nebenverdienst), gab es in Gellenau, Kunzendorf, Mittelwalde, Neurode, Rengersdorf und Ullersdorf Textilfabriken, die ihre Erzeugnisse weltweit absetzen. Mittelwalde beherbergte eine Gardinenfabrik. Aus dem Handwerk entstanden viele kleine Gerbereien, zwei Leder-, eine Schuh- und eine Schäftefabrik. In der Grafschaft Glatz gab es auch sechs Betriebe der Zigarrenherstellung, darunter zwei größere in Glatz und Tscherbeney.
Die Grafschaft Glatz beherbergt viele Heilbäder, so Bad Langenau im Neißetal mit drei Kohlensäurequellen, das Radiumbad Landek im Bieletal, das Herzbad Altheide mit vier alkalischen, kohlensäurereichen Eisenquellen und Bad Reinerz mit arsenhaltigen Kohlensäure-Stahlsprudeln im Weistritztal sowie Bad Kudowa im Lewiner Bezirk mit fünf kohlensäurereichen Eisensäuerlingen. Dazu kommen noch die vielen Mineralquellen in den Grafschafter Orten, die durch den Versand ihrer Wasser zum Grundstein für eine bedeutende Getränkeindustrie wurden.
Die Bevölkerung der Grafschaft Glatz war fast ausschließlich römisch-katholisch. Laut Volkszählung von 1925 waren 90,2 % der Bevölkerung katholisch, 8,8 % in der evangelischen Landeskirche, 0,19 % in der evangelischen Freikirche, 0,19 % jüdischen Glaubens, 0,11 % Orthodoxe und Altkatholische, 0,17 % ohne Konfession und 0,29 % sonstige. Dies erklärt den prägenden Einfluß der katholischen Kirche, das erklärt aber auch die Begriffe „Marienland“ bzw. „Herrgottswinkel Schlesiens“ als Prädikate für die Grafschaft Glatz. Kapellen, Mariensäulen, Bildstöcke, Kreuzwege und Kalvarienberg- und Ölbergnachbildungen zeugen neben den vielen Kirchen vom tiefen Glauben der Menschen. Die Grafschafter wallfahrten in ihrer Heimat vor allem zu den Marienwallfahrtsorten in Albendorf und Maria Schnee, zu den Marienheiligtümern der Mutter Gottes in Glatz,
Maria Trost auf dem Spittelberg bei Glatz und zur Schmerzhaften Mutter von Altwilmsdorf. Noch heute lebt diese Tradition fort mit der Wallfahrt des St. Hedwigswerkes in jedem Frühjahr nach Werl sowie mit der Jahreswallfahrt der Grafschafter am letzten August-Samstag nach Telgte bei Münster. Vor dieser Wallfahrt findet dort auch die jährliche Priesterkonferenz des Grafschafter Klerus statt.
Aus den Reihen der Grafschafter sind viele Geistliche und Ordensberufe bei Frauen und Männern hervorgegangen. Für Priester und Gläubige aus der Grafschaft Glatz hat die Deutsche Bischofskonferenz 1962 einen Kanonischen Visitator mit dem Titel „Großdechant“ ernannt. Dieser Titel ist übrigens einmalig in der gesamten katholischen Kirche. Die Ursprünge dieses Titels gehen in die Geschichte des Erzbistums Prag zurück, zu dem die Grafschaft Glatz kirchenrechtlich immer seit dem 13. Jahrhundert gehörte. Im 17. Jahrhundert organisierte der Erzbischof von Prag seine Diözese neu und ließ für die bis dahin bestehenden Archidiakonate neue Vikariate errichten. 1810 änderte die preußische Regierung den bisherigen Titel „Königlicher Dechant“ in Großdechant um. Seit 1821 waren die Großdechanten zugleich Ehrendomherren des Domstifts Breslau. 1920 wurde das Glatzer Vikariat zum Generalvikariat erhoben und der Generalvikar Mitglied der
Deutschen Bischofskonferenz. Das ist auch der jetzige Großdechant. Als äußeres Zeichen seines Amtes darf er Brustkreuz und Ring tragen. Dem Großdechanten hilft in seiner Seelsorgsarbeit ein Konsult als Priesterrat und ein Personalrat als Vertretung der Gläubigen.
Schon bald nach Weltkrieg und Vertreibung begannen sich die Grafschaft Glatzer wieder zu sammeln. Waren sie zumeist in Sammel-Transporten nach Nordrhein-Westfalen oder Niedersachsen gekommen, wo sie neu seßhaft wurden, den Wiederaufbau an vorderster Stelle mit vorantrieben und auch eine zweite Heimat fanden, kamen noch in den 40er Jahren die ersten Treffen zustande - meist auf der Ebene der früheren Heimatortsgemeinschaften. Man pflegte und pflegt bis heute bei derlei Gelegenheiten alte Kontakte und Freundschaften, Kultur und Brauchtum, das Wissen um die Heimat und natürlich das religiöse Bekenntnis. Die Vertretungen und verschiedenen Gruppen der Grafschafter sind indessen erst wesentlich später entstanden. Gewissermaßen ein Vorläufer war die Gründung des „Grafschafter Boten“, des monatlichen Mitteilungsblattes, durch den Geistlichen Rat Georg Goebel (* 1900 in Albendorf, + 1965 in Lüdenscheid) und Alois Bartsch; die erste Ausgabe
erschien am 15. Januar 1950. Bereits zuvor hatten die beiden „geistigen Väter“ der Glatzer erstmals das Jahrbuch „Grofschoaftersch Häämtebarnla“ herausgegeben.
Als erstes gemeinsames Dach für alle Grafschafter wurde 1952 die „Volksgruppe Grafschaft Glatz“ proklamiert. In den 50er Jahren wuchsen auch die Patenschaften heran, die sich bis heute bewährt haben: eine westdeutsche Stadt übernahm die Patenschaft für eine ostdeutsche und deren Menschen, die fortan in vielen Belangen und vor allem bei der Vorbereitung der Treffen unterstützt wurden. Beispielhaft genannt seien hier die Patenschaften der Stadt Lüdenscheid für Stadt und Kreis Glatz, der Stadt Altena für Habelschwerdt, des Märkischen Kreises für den Kreis Habelschwerdt, der Stadt Castrop-Rauxel für Stadt und Kreis Neurode sowie des Wallfahrtsortes Telgte für Albendorf. Parallel wuchsen die Grafschafter in ihren ehemaligen Kreisen enger zusammen: Auf dieser Grundlage wurden Mitte der 60er Jahre die Kreisversammlungen für Glatz, Habelschwerdt und Neurode begründet, die sich wiederum unter dem gemeinsamen Dach der
„Heimatgruppe Grafschaft Glatz e.V.“ im Jahre 1967 vereinigten. Den Vorsitz übernahm Alois Bartsch. Die „Zentralstelle Grafschaft Glatz e.V.“ übernahm es indessen, in Lüdenscheid mit dem „Haus Derhääme“ einen Alterssitz für Grafschafter aufzubauen und den Verlag sowie die Herausgabe des „Grafschafter Boten“ und des Jahrbuches zu betreiben. So steht an der Spitze der heimatpolitischen Pyramide die Heimatgruppe Grafschaft Glatz e.V. (flankiert von der Zentralstelle Grafschaft Glatz e.V.), darunter die drei Kreisversammlungen, wiederum eine Stufe tiefer die Heimatgemeinschaften, die sich z. T. ebenfalls in der Rechtsform gemeinnütziger Vereine organisiert haben.
Darüber hinaus haben sich im Laufe der Jahre viele andere private und gemeinnützige Aktivitäten entwickelt. Genannt seien an dieser Stelle nur beispielhaft die Mundartgruppe Grafschaft Glatz, der Arbeitskreis für Kultur und Geschichte der Grafschaft Glatz, ein politischer Arbeitskreis, die Gruppe Junge Grafschaft, der Kreis Grafschafter Familie, die Grafschafter Gemeinschaft, die Trachtengruppe Glatzer Bergland in Bielefeld, der Glatzer Gebirgs-Verein e.V. Braunschweig, der Marx Verlag in Lüdenscheid, der mit unzähligen Buchveröffentlichungen an die Öffentlichkeit getreten ist und bis zum 31.12.1974 die „Grafschaft Glatzer Heimatblätter“ herausgegeben hat, sowie die Wünschelburger Edition. Zudem sind die Heimatstuben nicht zu vergessen, die auf Kreis- oder Ortsebene im Laufe der Jahre aufgebaut wurden: Sie bestehen unter anderem in Lüdenscheid, Altena, Castrop-Rauxel, Telgte,
Georgsmarienhütte-Kloster Oesede und Braunschweig.
© Text: Arbeitskreis für Kultur und Geschichte der Grafschaft Glatz in der Heimatgruppe Grafschaft Glatz e.V. (V.i.S.d.P. Dr. Herbert Eckelt), 1993
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