Die Freude war groß, als nach mehrmonatigen Kontakten zum
WDR in Köln die Zusage für das Interview über unsere Friedhofsanierung
kam. Doch die Enttäuschung folgte, als die mit dem Interview beauftragte polnische
Journalistin mitteilte, sie sei mit einer nur ca. 8-Minuten-Sendung beauftragt.
Nach unserer Meinung konnte in acht Minuten einfach nicht all
das gesagt werden, was wir bereits in der einjährigen Vorbereitung und bis zum
vierten Sanierungseinsatz im September 2007 auf dem historischen Friedhof unserer
Heimatgemeinde Ebersdorf/Domaszków geleistet und erreicht hatten.
Unvorstellbar, sogar noch die polnischen Reaktionen auf unser Tun zu berücksichtigen
und dadurch den WDR-Hörern zu vermitteln, was es bedeutet, über 60 Jahre
nach der Vertreibung aus der schlesischen Heimat von der „Versöhnung
über den Gräbern“ zu sprechen, wo die Grabsteine doch größtenteils
zerstört und überwuchert umher lagen.
Doch unsere Skepsis verflog schnell, als Redakteurin Alicja begann, per E-Mail-Kontakt
Informationen über unser Projekt zu sammeln, unsere bisherigen Berichte auszuwerten
und in perfektem Deutsch immer wieder neue Fragelisten schickte.
Sie verschwand völlig, als Alicja uns vom 21. bis 23. September 2007 bei unserem
4. Arbeitseinsatz in Ebersdorf/Domaszków besuchte und uns, ausgerüstet
mit Mikrofon, Kopfhörern und Tonbandgerät, ausführlich über
unsere Motivation zu dieser Arbeit, die verwandtschaftlichen Beziehungen zu einzelnen
Gräbern, handwerkliche Erfahrungen und unseren Kontakten zur polnischen Dorfbevölkerung
befragte.
Natürlich stieg unser Interesse daran, welche Fragen sie der polnischen Bevölkerung
in polnischer Sprache stellte und vor allem welche Antworten sie auf ihre Fragen
bekam, welche mit den jahrzehntelang ungepflegten und zum Teil mutwillig zerstörten
Gräbern zu tun hatten.
Doch darauf mussten auch wir bis zur wdr5-Sendung am Sonntag,
den 11. November 2007 warten, bis es hieß: „Ton ab für ein beispielhaftes
Projekt, gelungener Versöhnung über den Gräbern im ehemaligen Schlesien“.
Da war dann vom Versuch die Rede, die restlichen 120 von weit über 400 früher
vorhandenen Grabsteinen zu sichern, zu reinigen und auf mehreren aus Fertigbeton
gegossenen Betonsockeln zu befestigen.
Weiterhin wurde -übertönt von Motorengeräuschen-
vom notwendigen Einsatz eines vom kommunalen Bauhof in Mittelwalde bereitgestellten
schweren Baggers zum Heben und Abtransport der tief eingesunkenen, überwucherten
zentnerschweren Grabumrandungen und umgestürzten Grabsteinen berichtet.
In verschiedenen Gesprächssequenzen wurde auch der Tatsache Rechnung getragen,
dass nicht nur polnische Frauen täglich für die Pausengetränke und
den selbst gebackenen Kuchen sorgten, sondern - ebenso wie einige Männer aus
dem Dorf - bei schweren Erd- und Streicharbeiten auf dem Friedhof mitarbeiteten und
das so entstehende Lapidarium zwischenzeitlich als ihr kulturelles Erbe ansehen.
So wurde bereits sehr schnell das allein von deutscher Seite initiierte und durch
Spendengelder finanzierte Sanierungsvorhaben zum deutsch-polnischen Gemeinschaftsprojekt,
dessen weitergehende Pflege ebenfalls von polnischer Seite durch einen zwischenzeitlich
gegründeten Verein gewährleistet wird.
Natürlich durfte in der immerhin 8'23 Minuten dauernden
Radiosendung nicht unerwähnt bleiben, dass ein Friedhofsanierer aus unserem
achtköpfigen deutschen Senioren-Team eigens aus Australien angereist war,
um nach dem Besuch der Ebersdorfer Kirmes in Herford/Westfalen auch zum 8-tägigen
Arbeitseinsatz in seinen schlesischen Geburtsort aufzubrechen, wo er u.a. an der
Aufstellung des Grabsteins seiner Urgroßeltern mitarbeiten und nach der immer
noch nicht entdeckten Grabtafel seines Großvaters suchen konnte.
Was wegen der Kürze der vom WDR geplanten Sendezeit leider
nicht angesprochen werden konnte, das sind die schnell gewachsenen deutlichen Fortschritte in
der deutsch-polnischen Zusammenarbeit, speziell mit dem Verein „Ein Herz
für Domaszków.“
Zum Beispiel bei der Ausstattung eines für den Verein sehr
einträglichen Basars, aus dessen Erlös in der polnischen Gemeinde soziale,
kulturelle Vorhaben und der Erhalt von aus deutscher Zeit stammenden Kulturgütern
finanziert werden soll.
Weiterhin sind die innerhalb der beiden Sanierungsjahre entwickelten
Kontakte zum Kindergarten und Kinderheim, zur Kinder- und Jugendabteilung des Fußballvereins
und zur Lehrerschaft des Gymnasiums von Domaszków zu nennen, die allesamt
weiter zu entwickeln und zu pflegen sind.
Zusammenfassend können wir sagen, dass unsere von polnischer
Seite jahrelang nicht gewollten Sanierungsarbeiten heute mit der vollen Unterstützung
des Bürgermeisters, des gewählten Gemeinderates und sogar des katholischen
Pfarrers stattfinden.
Aus dem Jahrzehnte langen Schandfleck am Ortseingang von Ebersdorf/Domaszków
wird jetzt immer mehr ein gepflegter besinnlicher und letztlich sogar denkmalgeschützter
Ort.
Viele deutsche Schlesienbesucher und sogar durchreisende Busreisegruppen,
die aus dem Grafschafter Boten oder Rundbrief, dem Internet oder jetzt auch durch
wdr5 von unserem Vorhaben erfahren haben, halten hier an und nehmen ihren ganz persönlichen
Eindruck mit.
So öffnen sich mit den arbeitsmäßigen Fortschritten
und der Anerkennung für unser Tun, immer mehr Türen und Herzen als Voraussetzung
für ein vorurteilfreies Miteinander im heutigen Schlesien.
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