Aktuelle Nachrichten aus der Grafschaft Glatz

 


 

NEU !
26.12.2003

Hoffnung für Neurode
Die Stadt in der Grafschaft Glatz ringt um ihre Zukunft

Die schwer mit dem Strukturwandel ringende schlesische Stadt Neurode hofft durch den EU-Beitritt Polens und einen Ausbau der Westkontakte aus der wirtschaftlichen Talsohle heraus zu kommen. Der Förderung des Tourismus kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. In Zusammenarbeit mit dem Verein zur Erforschung und Erhaltung schlesischer Orgeln e.V. (VEESO) soll die wertvolle, überregional bekannte Orgel in der St. Nikolaus-Kirche saniert werden.
Die historischen Wurzeln von Neurode reichen bis 1352. Viele Jahrhunderte lebte die Stadt von der Tuchmacherei bis im 19. Jh. die Kohlenflöze entdeckt wurden. Damit begann die Zeit des industriellen Aufschwungs. Zahlreiche Gebäude aus jener Zeit geben trotz gegenwärtigen Verfalls ein sprechendes Zeugnis dafür. Dennoch hatte auch die damalige Bevölkerung der Stadt mit Problemen zu kämpfen. Die Bergleute, die das schwarze Gold aus der Erde förderten, profitierten nur wenig von dem Aufschwung. In der Zeit unsicherer sozialer Verhältnisse führten sie zum Teil ein erbärmliches Leben, daß sich erst mit den Jahren langsam verbesserte. Einen erneuten Rückschlag brachte der verlorene 1. Weltkrieg. Durch die Grenzziehung zur Tschechoslowakei gab es Absatzprobleme für die Kohle und andere wirtschaftliche Erzeugnisse. Jahre, an die sich Hoffnungen knüpften, wurden bald durch den verhängnisvollen II.Weltkrieg beendet. Nach der Vertreibung der Deutschen wurde das Land polnisch.

Das Rathaus in Neurode im Oktober 2003
Das Rathaus in Neurode im Oktober 2003

40 % ARBEITSLOSIGKEIT
Zunächst ergaben sich für die neue polnische Bevölkerung wenige Probleme. Im Gegenteil machte die Montanindustrie machte hier die Bergarbeiter zu einer bevorzugten Bevölkerungsgruppe. Ihr Verdienst war hoch. Die Mieten für die Wohnungen, die der kommunistische Staat nach der Enteignung eingeführt hatte, waren niedrig. Sie deckten die Kosten für die Erhaltung der Gebäude nicht, so daß die Häuser allmählich verfielen. Der Putz bröckelte ab, die Fenster und Türen verfaulten. Undichte Dächer, die einmal einen Schaden erlitten hatten, bedeuteten den Ruin des ganzen Hauses. Dieses Erscheinungsbild ist den deutschen Besuchern überall in Schlesien begegnet. Hier in Neurode ist es tragisch, weil sich nach der Wende trotz mancher Anstrengungen wenig änderte. Die Ursache liegt im Niedergang des Kohlebergbaus und der Textilindustrie. Die Zahl der Arbeitslosen ist bis auf 40 % gestiegen. Trotzdem sehen junge und unternehmerische Polen eine Chance für Stadt und Land durch den Aufbau wirtschaftlicher Kontakte mit dem westlichen Ausland. Dazu gehört auch Bürgermeister Kilinski von Neurode. In diesem Zusammenhang setzt er sich zum Beispiel dafür ein, daß der Kontakt mit der Partnerstadt Castrop-Rauxel (bei Dortmund) weiter ausgebaut wird, z.B. auch die Schüler- und Jugendbegegnungen. Er würde sich wünschen, daß für die Rekonstruktion der Altstadt die alten deutschen Pläne verwendet werden könnten. Diese sind zur Zeit nicht auffindbar, aber er rechnet damit, daß die vertriebenen deutschen Neuroder bei ihrer Beschaffung helfen könnten. Aus Anlaß des polnischen EU-Beitritts im kommenden Mai 2004 würde er gern gemeinsam mit den westlichen Nachbarländern einen Europäischen Tag feiern.
In Gestalt der holländischen Firma Orion, die Füllmasse herstellt, ist bereits ein Investor auf den Plan getreten. Es wurde damit ein erstes positives Signal gesetzt, das zwar an der Arbeitslosigkeit noch nicht viel ändert, aber den Menschen doch Hoffnung gibt.
In diese Bestrebungen fügt sich hilfreich die Stiftung zur Erneuerung des Neuroder Landes (Fundacja Odnowy Ziemi Noworudzkiej) ein. Ihr Vorstand, Teresa Bazala, Irena Rogowska und Julian Golak geben eine attraktive Monatschrift "Ziemia Klodzka/Glatzer Bergland" in drei Sprachen, Polnisch, Deutsch und Tschechisch heraus. Sie verfolgen damit das Ziel, dieses an Naturschönheiten und vielen Vorzügen so reiche Land über die engen Grenzen des Kreises Neurode hinaus, bekannt zu machen. Man hofft, den Tourismus zu fördern und als Einnahmequelle, wenigstens für einen Teil der Bevölkerung zu erschließen.
Auf diesem Gebiet engagiert sich auch der Präses der s.g. Friedensstaffel, Mieczysław Czyszka. Die Friedensstaffel ist eine Gesellschaft, die sich alle möglichen Arten von friedensfördernden Maßnahmen zum Ziel gesetzt hat, z.B. deutsch-polnische Benefizkonzerte oder Sportveranstaltungen. Ihr Netz ist weit gespannt. Herr Czyszka pflegt Kontakte zu Regierungskreisen in Warschau und Brüssel. Seiner Initiative ist die Gründung einer polnisch-tschechischen Hochschule für Wirtschaft, Marketing und Management in Neurode zu verdanken. "Die Friedenstaffel" beteiligte sich an der Instandsetzung des Wittighauses in Neu Sorge bei Schlegel/Słupiec.

Blick in die St. Nikolauskirche
Blick in die St. Nikolauskirche mit der wertvollen Orgel

WERTVOLLE ORGEL IN DER ST. NIKOLAUS-KIRCHE
Am 14. November 2003 fand eine gemeinsame Sitzung zwischen Pfarrer Kos und dem Direktor Czyszka von der katholischen Kirchengemeinde St. Nikolaus in Neurode, dem Bürgermeister Kilinski von Neurode, den Vertreterinnen der Stiftung zur Erneuerung des Neuroder Landes, Frau Bazata und Frau Ragowska mit Pfarrer Reinhard Hausmann vom Verein zur Erforschung und Erhaltung schlesischer Orgeln e.V. (VEESO), statt. In dieser Sitzung wurde die Bedeutung der Orgel in der St.-Nikolaus-Kirche herausgestellt. Sie ist mit 48 Registern die größte Orgel in der Grafschaft Glatz und ein herausragendes Beispiel einer frühromantischen Großorgel aus der Werkstatt der weltbekannten Orgelbaufirma Schlag &. Söhne, Schweidnitz, gebaut im Jahre 1890.
Nach sorgfältiger Vorbereitung der Instandsetzung und reiflicher Überlegungen von den Kirchenvertretern und Pfarrer Hausmann vom VEESO wurde zur Restaurierung der Orgel der Firmenverbund von Orgelbau Wilhelm Sauer, Müllrose, und Adam Olejnik, Tomaszowo, ausgewählt.
Bei der Beschaffung der notwendigen finanziellen Mittel in Höhe von 156.000 Euro muß allen an dem Projekt Beteiligten immer die große Bedeutung der Orgel vor Augen stehen, deren Faszination sich gewiß über Neurode hinausreichen und sich nicht nur auf ganz Polen sondern auch auf Tschechien und Deutschland erstrecken wird. Aufgrund der hohen Kosten sollen die Arbeiten in drei Bauabschnitten durchgeführt werden. So soll der erste Bauabschnitt mit der Ausführung grundlegender Arbeiten 96.000 Euro erfordern, die von den drei beteiligten Institutionen zu je einem Drittel beschafft werden müßten, wobei Pfarrer Hausmann bat, sich gegenseitig bei der Geldbeschaffung zu unterstützen. Für die polnische Seite ergeben sich erfolgsversprechende Maßnahmen durch Kontakte nach Warschau und zur deutschen Partnerstadt Castrop-Rauxel, sowie zu den ehemaligen deutschen Bewohnern von Neurode. Pfarrer R. Hausmann bat um Empfehlungsschreiben von Pfr. Kos und Bürgermeister Kilinski. Sehr hilfreich wären auch Empfehlungsschreiben der Diözese Breslau durch Kardinal Gulbinowicz sowie des Generalkonsuls. Ein Empfehlungsschreiben von Bischof Reinelt, zuständig für das Bistum Dresden-Meißen, und aus Neurode stammend, liegt bereits zusammen mit der Zusage einer Spende vor.
So hofft man, mit Hilfe von ergänzenden Maßnahmen, wie Spendenaufrufen, Sponsoren und Benefizkonzerten, das Projekt der Restaurierung der Orgel in Neurode schrittweite zu verwirklichen.

Die St. Nikolaus-Kirche in Neurode
Die St. Nikolaus-Kirche in Neurode

Text und Fotos: GREGOR LASKOWSKI

Spendenkonto:
VEESO (Verein zur Erforschung und Erhaltung schlesischer Orgeln e.V.)
Spendenkonto: Bank für Kirche und Diakonie (BKD) Duisburg
Nr. 1013062010 (BLZ 350 601 90)

 

mit freundlicher Genehmigung des Senfkorn-Verlages übernommen
aus: "SCHLESIEN HEUTE" Nr. 12/2003, S. 34-35
(Bestellanschrift: Brüderstraße 13, D-02826 Görlitz/Schlesien, E-Mail: senfkorn@proximedia.de)

 

Historische Bilder aus der ehemaligen Kreisstadt Neurode finden Sie in der Rubrik:
Historische Bilder aus der Grafschaft Glatz

 

Zur Seite Aktuelles Zurück zur Seite "Aktuelles"

 

 

Zur Homepage Zurück zur Homepage

 

 

Nähere Informationen über diese Internetseite erhalten Sie von Dipl.-Ing. Christian Drescher per Kontakt-FormularCounter 1

 

 

© 2003 by Dipl.-Ing. Christian Drescher, Wendeburg-Zweidorf, Kontakt: Feedback-Formular.
Erste Version vom 26.12.2003, letzte Aktualisierung am 26.12.2003.